Hallo aus Melbourne! (5.5. 2002) Eigentlich sollte ich hier in der Unibibliothek gar nicht sitzen, denn das Wetter draussen ist viel zu schoen und Eva und ich wollen heute noch ein Picknick machen an einem Fluss, der 500 Meter hinter unserer Wohnung fliesst. Aber meine "Pflicht" ruft - Nein! Es ist keine Pflicht, denn ich bekomme momentan so viel positives Feedback auf unseren Reisebricht, dass es mir immer mehr und mehr Spass macht, alles Erlebte aufzuschreiben! Und: Ich muss an meinen Schwiegervater denken (Ahoj tatniek! Jak se mas?), denn nachdem ich ueber 10 Tage nicht geschrieben habe wurde er am 10. Tag nach dem letzten Eintrag 5mal am selben Abend von seiner Frau (Ahoj maminka! Vsechno v poradku?) gebeten im Internet nachzuschauen, ob nicht doch schon ein neues Kapitel veroeffentlicht wurde. Also, um die Nerven in Pilsen zu schonen: Es geht heute schon weiter! Melbourne ist, wie fast alle Grossstaedte in Australien, eine Hafenstadt. Dass kann man schon am Angebot bemerken, dass man in der Fischabteilung des Queen Victoria Market findet. Dieser Markt befindet sich im Nordwesten des Zentrumsquadrates und findet 5mal die Woche statt. Die Staende stehen unter Hallenbauten aus dem 19. Jahrhundert, was den besonderen Flair dieses Markets ausmacht. Aber nicht nur die Atmosphaere, auch das unglaublich zahlreiche und billige Angebot verfuehrt uns jede Woche dazu, unsere Einkaeufe hier zu erledigen. Erst vorgestern, freitags, waren wie dort Einkaufen fuer ein Barbeque, das von Evas Schule fuer den Nachmittag am Yarrariver veranstaltet wurde. Ich habe mir ein Lammsteak fuer 75 Eurocent genehmigt. Eva hat mal so richtig zugeschlagen: Sie kaufte sich fuer 5 Euro ein Schwertfischsteak, aber was fuer eines: Durchmesser 25 cm; das wuerde fuer eine ganze Familie reichen!! Und es war super fein! Eva wurde zu diesem Kauf durch das farbenfrohe Angebot des Fischmarktes verfuehrt, denn freitags findet man auf diesem eine unglaublich bunte Auswahl an Fischen: Schwertfische, Forellen, Lachse, Schrimps in allen Groessen (von einer sorte 4 Euro das Kilo!!), alle moeglichen Arten von Seefruechten, Kalamari, Hummer, Krabben, lebendig, geteilt, als Ganzes, als Filet, geraeuchert, gekocht...; und ein Greschrei herrscht dort, denn die taeglich fangfrische Ware muss schnellstens an den Mann gebracht werden. Am faszinierendsten waren grosse, hellrote Fische, die uns mit ihren toten, Untertellergrossen, schwarzen Augen angestarrt haben. Noch nie hatte ich solche Fische gesehen! Neben Fischen gibts dort noch Gemuese, Obst, Eier, Kaese, Wurst, Fleisch, Brot und - unser Muss bei jedem Einkauf - frische, noch heisse Donuts. (ich kriege gleich Hunger!) Nun aber zurueck zum Barbeque (auch BBQ), des Australiers Liebling. Es ist vergleichbar mit dem deutschen Grillen, hat aber den wesentlichen Unterschied, dass man hier in Australien keinen Grillrost verwendet, sondern ueber das Feuer eine Eisenplatte gibt, auf der dann das Fleisch gebruzzelt wird. Unsere 1. Erfahrung mit einem BBQ machten wir an unserem 1. Wochenende hier bei meiner Tante Christa. Typisch bei einem BBQ ist, das man grosse Mengen an Fleisch verzehrt (somit lag Eva mit ihrem Schwertfisch goldrichtig!): T-Bone-Steaks, Porterhousesteaks, Rumpsteaks - also meistens Rind, das man angeblich hier bedenkenlos verzehren kann und das wegen der zahlreichen Rinderfarmen (es gibt in Australien eine, die ist so gross wie ganz Belgien!) das billigste Fleisch ist (Hallo Onkel: die Steakauswahl hier wuerde die gefallen!). Neben Rind ist hier noch Lammfleisch bei einem BBQ beliebt, oder auch Wuertschen, die aber nicht mit den deutschen zu vergleichen sind, denn die Fuellung ist seltsam weich und auch der Geruch und Geschmack ist bei weitem nicht der gewoehnte. Ja ,ein BBQ macht immer Spass und ist ein "Nationalsport" der Australier, denn zu jeder freien Zeit ergreifen sie die Gelegenheit unter freiem Himmel zu grillen. Es wird ihnen auch sehr leicht gemacht, denn nahezu in jeder Ecke der Parks hier steht ein BBQ-Grill. Meistens, aus Sicherheitsgruenden, elektrisch betrieben. Diese Gills sind aus Ziegelstein gebaut und man findet auf der Oberflaeche 2 Grillplatten, die sich durch Knopfdruck fuer 3 Minuten erhitzen (fuer den Strom zahlt man nichts!); und, was sehr bequem ist, man muss die Grillplatte nachher nicht putzen, denn es gibt ueberall Parkwaechter, die diesen Job erledigen (Service! Service! Nicht vergleichbar mit Deutschland) und die sogar bei nicht-elektrischen Grills das Feuerholz nachfuellen (auch kostenlos!). Das BBQ mit Evas Schule fand letzten Freitag statt und auf dem Rueckweg entlang des Flusses machten wir noch eine Bekanntschaft, dich sich zu berichten lohnt. Es kam uns naemlich ein junger Mann in, wie ich richtig vermutete, norddeutscher Tracht entgegen, den ich sofort nach seiner Herkunft ansprach. Er komme aus Hamburg, antwortete er, und befinde sich, da er Zimmermann sei und einem alten Brauch folge, fuer 3 Jahre auf Wanderschaft. Im weiteren Gespraech kam heraus, dass er fuer 6 Monate in Australien gearbeitet hat, dann fuer 3 in Neuseeland, jetzt im Begriffe ist, nach Malaysien zu fliegen und von dort fuer einen Kuzraufenhtalt nach Frankfurt (nach Hamburg darf er wegen der Handwerksburschenregelung nicht, die besagt, dass er in seinen 3 Jahren Wanderschaft in seine Heimatstadt inklusive 50 Kilometer Umkreis nicht zurueckkehren darf.) Er will in den restliche 2 Jahren noch nach Kanada und dann quer durch ganz Russland zurueckkehren! Hoechst interesseant und tolle Idee; und sehr mutig von ihm, aber was heisst mutig? Wir sehen ja selbst, dass man sich nur trauen muss: Raus aus dem Alltag, hinein ins Ungewisse, und man erlebt wunderbare Dinge! Aber ich verzettle mich schon wieder, denn eigentlich wollte ich ja ueber Melbourne und seinen Hafen berichten. Aber seid mir nicht boese! Mein Hunger nach Sonne, Essen und Eva ruft mich und treibt mich aus den Keller der Unibliothek heraus. Was bleibt mir anderes uebrig, als meine Berichte ueber unsere Wanderungen entlang am Meer, unser Erkunden der Melbourner Halbinsel, unsere Erfahrungen mit Pelikanen, Schlangen, und Eidechsen, unser Erstaunen ueber die Beruehmtheit Melbournes im 1. und 2. Weltkrieg, ja all das, was wir an unserem 7. und 8. Wochenende hier in Australien erlebt haben in den naechsten Reisebericht zu verschieben! Nun denn: Auf zur Sonne, die ihr hoffentlich auch in Europa genissen koennt! See you! Robert