Mittwoch, 3. Juli um 17:30 Uhr immer noch in Rainbow Beach
Man muss halt doch bis ganz zum Schluss aufpassen! Heute sind wir mit einem fabrikneuen und mit Allradantrieb ausgestatteten Toyotajeep über unzählige
Schlaglöcher und Wurzeln gehoppelt, sind zahlreichen Ästen am Wegesrand mit Erfolg ausgewichen und haben schwierigste Streckenabschnitte im tiefen Sand gemeistert und dann passiert es doch noch: Wir haben glücklich mit der
Autofähre auf das Festland von Fraser Island kommend übergesetzt, befinden uns bereits im Ort Rainbow Beach an der Tankstelle, an der wir das Auto, 50 Meter entfernt vom Sitz des Vermieters, nochmals voll tanken und dann
geschieht die Unachtsamkeit: Da sich der Tankdeckel im Vergleich mit unserem Campervan auf der anderen Fahrzeugseite befindet und ich deshalb “falsch” and die Zapfsäule hinfahre, ziehe ich den Tankschlauch quer um das Fahrzeug
herum. Leider reicht die Länge des Schlauches nur knapp, ich wende Gewalt
an und schon habe ich dem Jeep leichte Kratzer neben dem Tankdecke zugefügt. Ärgerlich, ärgerlich! 45 Euro kostet meine Leichtsinnigkeit! Aber im Anbetracht dessen, was sonst noch so alles passieren hätte können ist dies wirklich eine Lappalie. Aber trotzdem ärgerlich! Nun gut, bei so einer abenteuerlichen Reise sind kleine Schäden einzukalkulieren, aber ich ärgere mich doch, weil es ganz zum Schluss passiert ist!
Aber was jammere ich denn noch vor mich hin, ich habe wieder einmal von einem herrlichen Tagesausflug zu berichten, der Erkundung der Insel Fraser Island. Dabei weiß ich gar nicht, mit was ich zuerst anfangen soll. Deshalb
die Idee, diese Insel in Einzelfakten vorzustellen.
Fakt 1: Die größte Sandinsel der Welt Von Nord nach Süd 120 km lang, 25 km an der breitesten Stelle, das sind die Ausmaße der nur aus Sand
bestehenden Insel. Da fragt man sich doch, wo all der Sand herkommt, der darüber hinaus noch seine Fortsetzung am gegenüberliegenden Festland im NP Cooloola findet. Vor Millionen Jahren wusch kontinuierlicher Regen in den Great
Dividing Ranges auf dem Gebiet von New South Wales aus den porösen Sandsteingebirgen dort jene Täler heraus, die wir vor einigen Tagen durchwanderten. Flüsse schwemmten den Sand in den Ozean, Meeresströmungen trugen ihn an der
Ostküste Australiens nach Norden bis zu dem Punkt, an der die Küstenlinie um Brisbane herum – sehr gut auf einer Australienkarte zu sehen – nachdem sie bisher leicht ostwärts verlaufen ist, etwas nach Westen biegt. Man könnte
somit mit all dem Sand hier sicherlich zur Hälfte die Täler der Blue Mountains wieder auffüllen! Felsformationen im Wasser bei der heutigen Insel Fraser Island taten das übrige, der Meeresströmung den Sand abzunehmen und somit
häuften sich im Verlauf der Jahrtausende jene Sandberge an, auf denen in den heutigen Tagen die Allradfanatiker herumkurven.
Fakt 2: Nur Allradjeeps dürfen auf der Insel fahren Nachdem sich auf der Insel keine befestigten Straßen befinden, dürfen wirklich nur
Allradjeeps die Sandpisten befahren, was einen irren Spaß macht! Zuletzt fuhren wir 70 km am Strand entlang, nur wenig von der Brandung entfernt! Was für ein Bild! Am Ostbeach hielten wir an zwei Highlights: Zuerst am rostigen
und sicherlich 70 Meter langen Schiffswrack “Mahena”, ein neuseeländischer Passagierdampfer, der 1935 an eine japanische Firma zum Abwracken verkauft wurde. Dieser kam das Schiff, als sie es nach Japan schleppen wollte, in
einem Zyklon abhanden und es wurde an die Ostküste von Fraser Island gespült, wo es im 2. Weltkrieg der Australian Air Force als Übungsobjekt zum Bombardieren diente. Dementsprechend lädiert liegen die Überreste, das Vorderdeck
komplett von Sand verdeckt, am Strand. Wenn man sich die Hosen hochkrempelt, dann ist es sogar möglich, einmal den Dampfer zu umrunden, und auch ins Innere des Schiffskelettes kann man sich wagen. Die zweite Attraktion, die
wir danach aufsuchten, ist ein glasklarer Bach, der Eli Creek, der sich durch dichten Regenwald ins Meer windet. Ein kleiner Abschnitt ist für Touristen zum Baden freigegeben und es ist einfach wunderbar, sich in diesem bis zum
Bauchnabel reichenden und mit reinstem Wasser gefüllten Bach zum Meer hin treiben zu lassen, vorbei an den das Wasser berührenden subtropischen Pflanzen. Vom Strand ging’s hinein ins Inland, über huckelige Pisten mit viel
tiefem Sand, aber unser Allradantrieb versagte nie.
Fakt 3: Die Inlandseen verfügen über das sauberste Trinkwasser der Welt Schon im Eli Creek bestaunten wir das kristallklare Wasser, welches in
jedem der 40 Sanddünenseen auf dem Eiland zu finden ist. Wir steuerten den Lake Birrabeen an. An dessen weißen Sandstrand schlugen wir unser Mittagslager auf. Das Wasser war kalt, aber wie in den Reiseführern vorhergesagt
kristallklar. Der weiße Sand verlor sich in der blauen Tiefe des Sees und es konnte einem fast schwindelig werden, denn stets sieht man bei Schwimmen auf den Grund des Sees. Die angekündigten Wasserschildkröten konnten wir
nicht ausmachen, aber dennoch was das Bad in diesem See ein unvergessliches Erlebnis!
Fakt 4: Subtropischer Regenwald wächst auf dem Sand Nur genährt von einer hauchdünnen Humusdecke wuchert auf dem Sand ein herrlich üppiger
Regenwald, den wir nach dem Schwimmen durchkämmten. Zahlreiche Wanderwege führen durch diesen, doch uns blieb nicht viel Zeit, denn bei einer Durchschnittsreisegeschwindigkeit von 35 km/h mussten wir die Rückreise zur Fähre
antreten. Noch ein Wort zu den Bäumen: Eine Baumsorte darf sich eines solch salzwasserresistenten Holzes rühmen, dass sie für den Bau den Suezkanals Ende des 15. Jahrhunderts gefällt und Ägypten geschifft wurde.
Fakt 5: Nur noch wenige Aboriginies leben auf Fraser Island Einst bewohnten 2000 Aboriginies das paradiesische Eiland. Doch wie vielerorts wurde
an ihnen regelrechter Genozid begangen, der einherging mit der Entdeckung von Gold in der 100 km entfernten Ortschaft Gympie. Tausende Weiße kamen von Übersee und auf Fraser Island wurde für die Goldhungrigen eine
Quarantänestation eingerichtet. Die eingeschleppten Krankheiten dezimierte die Zahl der Ureinwohner neben Alkohol und gelegentlichen Massakern auf 150 Überlebende, die 1905 von der Insel in ein Reservat nahe Cairns
transportiert wurden. Noch 1836 konnten sich die Aboriginies der weißen Eindringlinge erwehren, die jedoch mehr als Schiffbrüchige an Land gingen. Es waren dies die Passagiere und die Crew des Schiffes “Stirling Castle”, das
unter dem Kommando von Kapitän James Fraser stand. Dieses Schiff war am nördlichsten Ende von Australien, dem Cape York, an den Klippen zersplittert und Fraser hatte es tatsächlich geschafft, sich zusammen mit den Überlebenden,
unter denen sich auch seine schwangere Frau Eliza Fraser befand, mittels eines Rettungsbootes über 2000 Kilometer südwärts an das Ufer der heutigen Fraser Island Insel zu retten. An Land gegangen wurden sie für 7 Wochen von den
Ureinwohnern gefangen gehalten. Kapitän Fraser verstarb mit einigen anderen Schiffbrüchigen in dieser Zeit. Der Rest, unter ihnen die Witwe Fraser konnten entkommen und sich zur Südspitze der Insel durchschlagen, von der sie
dann durch eine Rettungsaktion nach insgesamt 10 Wochen geborgen wurden. Seit der Zeit trägt die Insel den Namen Fraser Island. Wie man sieht, ist diese Insel ein 100%iges Ausflugsziel und es ist somit nicht verwunderlich,
dass wir heute teilweise in einem Jeepkonvoi fuhren, oder uns durch Touristenmassen am Eli Creek zwängen mussten oder dass ein paar Besichtigungsflugzeuge über unsere Köpfe brausten. Und dabei ist momentan keine Saison! Man
stelle sich mal die Massen an Menschen in der Hochsaison vor! Und doch bewahrt die Natur dort viel von ihrer wilden Ursprünglichkeit. Und auch die Fischgründe dort müssen der Zahl der Angler nach zu urteilen unerschöpflich
sein. Im Meer zu baden ist aber nicht zu raten, denn mit großer Wahrscheinlichkeit kreuzt ein Hai, der in den Gewässern um Fraser Island nach Beute jagt, die Bahnen des Schwimmers. Und auch an Land sollte man mit den dort wild
rumlaufenden Dingos, von den Aboriginies bei ihrer von Asien her beginnenden Landnahme Australiens eingeführte Wildhunde, nicht spaßen, denn erst letztes Jahr wurde ein Kleinkind von ihnen totgebissen und seitdem warnen
zahlreiche Tafeln vor der Fütterung der lieb aussehenden Tiere. Uns zeigten sich erst am Schluss dieses traumhaften Tages zwei dieser Kreaturen, als sie am Strand vor der Fähre im Sand mit ihren Pfoten nach Essbarem buddelten.
Das waren also unsere zwei sandigen Tage und morgen nehmen wir die Fahrt in die Tropen in Angriff! Mal sehen wie weit wir kommen.
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