Montag, 29. Juli um 18.20 in Jabiru im Kakadu Nationalpark
Mein Opa ist tot. Diesen Freitag um 13.45 Uhr europaeischer Zeit ist er nach 5-monatiger Bettlaegrigkeit zuhause gestorben. Es schmerzt
schon unheimlich zu wissen, dass bei unserer Rueckkehr ein von uns beiden sehr geliebter Mensch nicht mehr da sein wird. Und es tut mir weh, dass ich es zur Beerdigung morgen nicht schaffen kann, denn erst gestern mittag
erfuhr ich von Opas Tod, als ich mit Christa in Melbourne telefonierte. Hier hier im Outback kann ich wegen des grossen Funkloches nicht per Handy erreicht werden, deshalb erreichte mich die Nachricht viel zu spaet. Aber wenn
wir es sofort erfahren haetten: Wir sind gerade in dem Teil Australiens, der am weitesten entfernt ist von jeglicher Grossstadt mit einem internationalen Flughafen; tausende von Kilometer waeren es nach Melbourne, wohin wir in
jedem Fall zuerst fahren muessten, da wir dort bei Christa die Haelfte unseres Gepaecks deponiert haben. So bleibt uns gar nicht anderes uebrig, als am anderen Ende der Welt zu trauern. Uns sind die Haende gebunden. Als wir
noch in Deutschland waren, hatte ich beim Abschied von Opa schon die Vorahnung, dass ich ihn nie mehr sehen wuerde. Er selbst auch erwaehnte des oefteren beim Verabschieden in den vorausgegangenen Monaten, dass es bald Zeit
fuer ihn wird, zu gehen. “Ich will nicht mehr leben!” so sein oft gehoerter Ausspruch bei unseren letzten Besuchen. Bei diesen intensivierte sich unsere Beziehung zum Opa zunehmend, so dass ich ihn beim letzten Lebe-wohl-Sagen
spontan in den Arm nahm und fest an mich drueckte, was ich zuvor noch nie gemacht hatte! Als wie wenn ich seinen Tod geahnt haette! Auch verspuerte ich kurz vor dem Abflug nochmals den Drang, meine Grosseltern ein 2. Mal
innerhalb einer Woche zu sehen. Irgenwie habe ich mich bereits vor der Reise mit dem Gedanken vetraut gemacht, dass ich ihn nicht mehr sehen koennte, aber dass es dennoch passiert ist, macht mich unbeschreiblich traurig. Mit so
einem Schicksalsschlag muss man leider rechnen, wenn man ein halbes Jahr unterwegs ist, aber dass er Wirklichkeit wird! Und ich bin nicht daheim! Das tut weh! Aber ich kann nichts machen! Wir sitzen hier in Australien fest!
Natuerlich macht das Reisen in solchen Momenten keinerlei Spass mehr und wir haben sofort nachdem ich ueber Telefon die Nachricht gestern erhalten hatte, jegliche Unternehmungen fallen gelassen. Der Schock sitzt tief und auch
heute noch bin ich wie gelaehmt und stapfe benommen durch die Gegend. Um nicht vollstaendig in Lethargie zu verfallen, haben wir heute wieder unser Besichtigungsprogramm aufgenommen und, welche bitterer Kontrast, einen der
schoensten Nationalparks Australiens besucht, den Kakadu Nationalpark. Er verbindet auf einzigartige Weise Naturschoenheit mit steinzeitlicher Kultur und steht auf der Weltkulturerbeliste auf beiden Seiten: Natur wie Kultur
dieses Parkes gelten als absolut schuetzenswer. Gestrn Mittag furhten wir durch die Eingangspforten ders Parks. Den Vormittag verbrachten wir noch in einem weiteren Naturjuwel des Nothern Territories, dem Litchfield
Nationalpark, den wir bereits am Samstagnachmittag angesteuert hatten. Neben dem bereits beschriebenem Bad in Felsenpools birgt dieser Park noch weitere Schaetze. So befinden sich an dessen Beginn zahlreiche meterhohe
Termitenhuegel, derne Besonderheit neben der Groesse – manche sind bis zu 5 Meter hoch – v.a. die Raffiniertheit der Bauweise darstellt. Um moeglichst eine konstante Innentemperatur im Bau zu garantieren, bauen einige
Termitenarten ihren Turm mit zahlreichen Aussenfalten, sodass sich die Aussenflaeche um ein Vielfaches erhoeht. Eine andere Termitenart hat sich dagegen darauf spezialisiert mit ihrer Behausung die in den Tropen nur am Morgen
und Abend flachstehenden Sonne einzufangen. Deswegen besteht der Bau nur aus 2, dafuer sehr breiten Flaechen, die jeweils dem Osten bzw. Westen zugewandt sind. Die Nord- und Suedseite besteht dabei fast nur aus einem
schmalem Strich.Unbegreiflich, wie diese Tiere auf so verblueffende Ideen kommen. Die Nacht im Litchfield Nationalpark konnten wir romantischer nicht verbringen Nachdem uns wir uns in der Abenddaemmerung von einem Parkplatz
aus ca. 1 km einen Bach entlang auf der Suche nach den von einer Hinweistafel versprochenen Zeltplaetzen auf den Weg gemacht hatten, kamen wir schon fast in Dunkelheit an einm bezaubernden Nachtplatz an, der sich direkt am
sandigen Bachufer befand. Nachdem wir das Zelt aufgeschlagen hatten, entzuendeten wir noch ein Lagerfeuer und verspeisten noch eine unserer zahlreichen Buechsen (Roastbeef!) , ueber deren Reste sich des nachts Ameisen
hermachten. Eva hielt noch mit der Taschenlampe aengstlich Ausschaunach Schlangen und Krokodilen und versuchte das Feuer nicht in einen Buschbrand ausarten zu lassen, und dann schluepften wir ins Zelt. Der Bach plaetscherte,
exotische Voegel liessen in dieser Wildnis ihren Nachtgesang ertoenen, Schweiss lief uns am ganzen Koerper herunter, und wir blickten durch unser Zeltdach, dass wegen der Hitze nur aus einem Moskitonetz bestand, auf einen
sagenhaften Sternenhimmel. Tags darauf, also sonntags, bemerkten wir erst bei Tageslicht, in welch romantischer Gegend wir eigentlich uebernachtet hatten. Kein Mensch weit und breit, nur Wildnis um uns herum! Zur
Morgenwaesche sprangen wir nackt in den Bach. Dann legten wir unser Zelt zusammen und brachen auf zu unserem Besichtigungsprogramm von 3 Wasserfälle, alle drei im Litchfieldnationalpark gelegen. Die Wangifalls umrundeten wir
durch dichten Regenwald wandernd. An den Tolmarfalls bestaunten wir auf einer Plattform hoch über dem Naturschauspiel und im Felsenbecken der Florencefalls genossen wir eines der schönsten Bäder unseres Lebens. “Wasserfälle
stürzen sich direkt nebeneinander von einer Höhe von 30 Metern in die tiefe, wo sie von einem fast kreisrunden Felsenbecken aufgefangen werden, in dem es sich super schwimmen lässt. Auch unter den Wasserstrahlen kann man sich
aufhalten! Einfach wunderbar! Nach dieser Erfrischung fuhren wir weiter und kurz nachdem wir in den Kakadu Nationalpark eingefahren waren, kam die Nachricht vom Tode Opas!
Schock! Und dabei befinden wir uns in einem der schönsten Teilen der Welt. Welch bitterer Kontrast!
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