Donnerstag, 25. Juli, 23:45 Uhr in Darwin

Manchmal erschrecke ich selbst, wenn ich mich im Spiegel betrachte: Ein brauner Kerl mit verwaschenem T-Shirt, dreckigen Shorts, zerzaustem Bart und langen Haaren blickt durch seine fleckigen Brille auf mich. Er stand gerade in einem schimmeligen Bad des nach Schweiß und ungelüfteten Schuhen riechenden Zimmers, das sich in einem der zahlreichen Backpackerhotels befindet. Backpacker besiedeln diese schäbigen Unterkünfte, die einen an die schlimmsten Studentenwohnheimszeiten erinnern. Als wir gestern spät nachts endlich in unserem von weiteren vier Personen bewohnten Zimmer ankamen, überkam uns erst einmal der Schock: Dieser Geruch, diese Enge, diese Unordnung. Da wussten wir sofort, was wir an den Übernachtungen im Campervan und Zelt hatten: Alleinsein, Ruhe, eine gewisse Sauberkeit, Frischluft u.v.m. Noch zwei von drei Nächten müssen wir in dieser von einer lauten Bar umgebenen und darüber hinaus noch teuren (10 Euro pro Person, zu viel im Vergleich zum Zelten!) Unterkunft ausharren und dann brechen wir wieder auf: 10 Tage durch die schönsten NPs Australiens mit einem gemieteten Auto. Ja, wir haben uns mal wieder ein Auto geleistet, denn nur dann hat man das “Reisezepter” selbst in der Hand. Wir wollen nicht schon wieder mit 20 partylustigen Tweenies durch die Natur brausen, welche diese nur unter schwerem Raucherächzen erwandern können. Wir wollen raus aus der Partystadt Darwin. Wir wollen unser Zelt im Outback – nahe am Straßenrand – aufschlagen. Wir wollen wieder zu zweit sein! Wir fahren von Darwin in 10 Tagen nach Alice, von wo wir dann erneut mit einer Reisegesellschaft aufbrechen. Abwechslung, das ist das Geheimnis unsere bisher geglückten Urlaubs.
Nun, heute haben wir bis auf die Erkundung des abendlichen Mindell-Market, ein Handwerks- und Essensmarkt (wir aßen Philippinisch!), und den zuvor beobachteten Sonnenuntergang im Meer am nahen Strand hauptsächlich Mietwagenfirmen und Touristinformationen aufgesucht, so dass ich rein gar nichts vom heutigen Tag zu berichten weiß. Kommt auch sehr selten vor. Morgen erkundigen wir die Stadt Darwin und Samstag sind wir wieder auf der Straße (on the road again!). Seltsam. Es scheint fast so, als ob mich etwas davon abhalten würde, von den Aboriginies zu berichten, wollte ich doch heute unser wachsendes Wissen zu Papier bringen. Aber wieder einmal fehlt mir die Zeit, die Muße, der Mut? Kenne ich mich wirklich schon aus in dieser sehr komplexen Kultur? Worauf warte ich? Vielleicht steckt mich das Volk der Aboriginies an mit der nur zögerlichen Preisgabe ihrer Kultur? Oder liegt es an der heute noch andauernden Geringschätzung, ja Unterdrückung der Ureinwohner durch die weißen Australier? Jedenfalls meine Notizen liegen bereit, niedergeschrieben zu werden.