Mittwoch, 24. Juli, um 7 Uhr in Katherine

Ein Schrei inmitten der Nacht schreckt mich aus dem Schlaf. Was ist los? Erschrocken nehme ich wahr, dass Eva vor Schmerzen gekrümmt am Bettrand sitzt und sich verzweifelt das Ohr zuhält. Zuerst denke ich an einen Spinnenstich, aber Evas Klagen offenbaren einen anderen Grund: “Es ist irgendetwas in meinem Ohr!” Wieder ein Schmerzensschrei. Hilflos läuft sie im Zimmer auf und ab. Sofort bin ich hellwach: “Wir müssen das Etwas” – hoffentlich keine Spinne, wie ich denke- “aus deinem Ohr herausbekommen.” “Es muss sich hinter dem Trommelfell befinden”, wieder ein Aufschrei. Ich bekomme es mit der Angst zu tun: ”Lass uns das Ohr in der Dusche mit Wasser auffüllen”, mein einziger Ratschlag. Unter großen Schmerzen stellt sich Eva unter den Duschkopf und ich drehe den Wasserhahn auf. Wir fluten den Gehörgang. Eva schreit erneut laut auf. Nach 2 Minuten unter dem schwachen Wasserstrahl kontrolliere ich das Ohr und tatsächlich: Etwas kleines, ja winziges krabbelt auf der Ohrmuschel Evas herum. Ich beuge mich nach vorne und dann stelle ich ohne Zweifel fest, was in den Gehörgang eingedrungen ist: eine kaum wahrnehmbare Termite. Die Schmerzen schwellen ab. Wir suchen das Doppelbett nach weiteren Termiten ab und zerdrücken die Aufgefundenen. Eva steckt sich Ohrstöpsel in die Ohren und wir schlüpfen wieder unter die Bettdecke. Eva schläft erleichtert ein. Tropfen platschen vom Duschkopf in die Duschwanne und hindern mich für eine halbe Stunde am einschlafen. Dann ist der Spuk vorbei.

16:30 Uhr auf dem Busparkplatz des Nitmiluk NP
Das darf doch nicht wahr sein: Zum 3. Mal ist der Bus reparaturdürftig und diese Mal kann er nicht geflickt werden: Der Luftkompressor ist kaputt und bei der nicht geglückten Reparatur tauchte noch ein 2. Hauptproblem auf, das ich wegen meines mehr als rudimentären technischen Englischs leider an dieser Stelle nicht übersetzen kann. So lassen wir wieder einmal Sehenswürdigkeiten auf dem Weg aus, während wir nach dem Umladen der Rucksäcke mit einem angemieteten Bus einer anderen Gesellschaft nach Darwin fahren. Wir haben Entschädigung von der Reisegesellschaft gefordert. Mal sehen, was daraus wird.
Aber trotz der ständigen Probleme mit dem Reisebus haben wir gestern Abend und heute Wunderschönes erlebt. Gestern Abend noch schwammen wir bei Vollmondschein – unter Dutzenden von mit dicken Spinnen besiedelten Netzen hindurch – in einer heißen Quelle bei Matamaranka. Fantastisches Erlebnis: Schwimmen im 30° C waren Wasser, umgeben von Palmen in einer wüstenähnlichen Umgebung. Nach der Nacht mit dem Termitenproblem stand am Vormittag eine von einem Aboriginie geführte Bushwalkingtour durch den Nitmiluk NP bei der Stadt Katherine an, die unser Wissen über dieses uralte Volk wiederum ein beträchtliches Stück angereichert hat. Aber dazu mehr morgen, denn der schaukelnde Bus mach meine Handschrift nahezu unleserlich und ich höre schon meine Schwester Birgit lauthals fluchen! (Danke Birgit!)

21:30 Uhr kurz vor Darwin
Der Bus brodelt, die Reisegesellschaft übernimmt die Rechnung für alle bei unserem letzten Stopp gekauften Getränke und beinahe alle haben sich mit Sixpacks versorgt, die nun – die Iren übernehmen dabei dicht gefolgt von den Schweden die Führung – Zug um Zug geleert werden. Die Stimmung kocht über, als alle Nationalitäten über Mikrofon ihre Hymne brüllen. Auch Eva muss ran, allein! Sie entscheidet sich für ein tschechisches Trinklied: Riesenankommer. Ich quäle mich durch die deutsche Hymne, kräftig unterstützt von zwei weiblichen Norddeutschen und einem Sachsen. Es scheint fast so, als würde Steve all seinen auf der Reise angestauten Frust und Ärger wegtrinken,- tanzen und –brüllen. Ausgelassener Ausklang einer denkwürdigen Fahrt!