Dienstag, 23. Juli, um 6:45 Uhr beim Barkley Homestead Roadhouse

Und dann hatten wir es doch noch geschafft. Steve war erfolgreich bei seinen Reparaturen und wir konnten die Reise durch die Dunkelheit fortsetzen, bis wir um 23 Uhr schließlich und endlich an einem Rasthaus ankamen; die einzige menschliche Siedlung im Umkreis von mehreren hundert Kilometern. Schnell noch ein Nachtmahl. Kurzer Schlaf (5 Stunden) und schon sitzen wir wieder im Bus und erwarten den “brutalsten” Tag der Reise mit 1100 km zu fahren und 14 Stunden Fahrtzeit! Das kann anstrengend werden, v.a. für den Busfahrer Steve, der sich neben dem Busfahren auch noch um die Verpflegung und Unterhaltung kümmern muss. In Deutschland unvorstellbar!
Sonnenaufgang über der Steppe. Der Morgenhimmel steht in Flammen. Das Nachtblau verschwindet. Wir nehmen leider nicht den Alternativweg über Cape Crawford nach Darwin, sondern die Hauptroute über die Weggabelung “Three Ways”. Schade, schade. Aber für mich ist das Wichtigste, dass Steve nicht einschläft.
Gerstern noch bewegten wir uns in der flächenmäßig zweitgrößten Stadt der Welt, Mount Isa; kein Witz, wobei die meiste Fläche von Rinder bevölkert wird, die sich nachts gefährlich nahe am warmen Teer aufhalten und erschrocken in die Scheinwerfer starren, um dann glücklicherweise bis jetzt immer in die entgegengesetzte Richtung davon zu galoppieren. Auch Kängurus hoppeln über die Straße und noch keines musste sein Leben lassen, zerschmettert am eiserneren Gitter, welches an den meisten Fahrzeugen vorne befestigt ist. Viele Tierleichen säumen jedoch den Weg – meist Roo’s, wie hier in Oz die Kängurus genannt werden – an deren Kadavern Krähen zupfen. Viele sind sicherlich von den Roadtrains überfahren worden. Die überdimensionierten Lastzüge sind die wahren Herren der Outbackstraßen. Jedes Fahrzeug bremst ehrfürchtig ab und stellt sich brav an den Straßenrand, wenn eines der Ungetüme heranbraust. Kein Wunder, denn die Roadtrains, die wegen einer fehlenden Eisenbahnverbindung im Northern Territory, übrigens der 4. Staat Australiens, den wir bereisen, die einzigen Güterlieferanten sind, bremsen für niemanden, geschweige denn für Tiere. Auch wenn sie es täten, dann wäre es für jedes Lebewesen zu spät, denn so ein Gefährt benötigt über 1km Bremsweg und um wieder die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h zu erreichen, braucht es knapp 20 Minuten. Auch Steve hat mal einen Roadtrain gefahren als er noch bei der Rinderfarm seiner Eltern arbeitete. So konnte er uns ein wenig einen Einblick in das Leben eines Roadtrainfahrers geben. Immer zwei Personen steuern abwechselnd den Lastzug, wobei wegen der überlangen Brems- und Beschleunigungszeit während des Fahrens gewechselt wird. Abenteuerlich! In diesen Tagen werden meist schlachtreife Rinder transportiert, die per Helikopter auf dieser unendlichen Steppenfläche geortet werden und dann von berittenen Cowboys zum Transport zusammengetrieben werden. Das ganze Jahr über sind die Rinder auf sich alleine gestellt und wegen der absolut natürlichen Ernährung zählt das australische Rindfleisch zum besten Fleisch der Welt. Wasser für die Tiere wird in dieser Wüstenlandschaft durch Windräder an die Oberfläche gepumpt, und Mangel an dem überlebensnotwendigen Nass herrscht keiner, denn unter dem australischen Kontinent befindet sich in 15 – 30 Meter Tiefe eines der weltgrößten Trinkwasserbecken. Diese Weideflächen sind unendlich groß. Gerade fahren wir  durch die größte Weidefläche in Australien. Hier könnte man das gesamte Großbritannien 2 ½ mal unterbringen. 2 ½ mal! Wahnsinn! Ach ja: Mount Isa hat die Größe des belgischen Staates! Die spinnen die Aussies!!!

14 Uhr auf dem Stuart Highway
Die Welt ist klein; vor kurzem habe ich mich auf einem Rastplatz mit einem älteren Ehepaar aus Melbourne unterhalten und ich war völlig überrascht, dass sie die Metzgerei in Bayswater kenne, in der Christa arbeitet. Sie wohnen nur ein paar Straßenzüge entfernt. Nach einigen tausend Kilometern westwärts sind wir auf dem legendären Stuart Highway abgebogen, der von Nord nach Süd mitten durchs Herz des roten Kontinents verläuft und die Städte Darwin und Adelaide verbindet. Wir werden ihn in der nächsten Woche auf größeren Abschnitten befahren. Die meisten im Bus nicken vor sich hin. Steve zieht sich währenddessen Hardrock rein, zum Wachhalten. Hoffentlich schläft der Kerl nicht ein!