Sonntag, 21. Juli, um 7 Uhr auf dem Weg nach Normanton

Die Sonne steigt gerade über der Savannenlandschaft auf. Neben der Straße verlaufen die Schienen der “Gulflander Railmotor”–Eisenbahn, die die beiden Städte Normanton und Croydon verbindet. Während der Goldrauschzeit dampften darüber die Lokomotiven, die von der am Golf von Carpentaria gelegenen Stadt Normanton Güter und Leute zu den Goldfeldern bei Croydon beförderte. Heute transportiert sie nur noch Touristen.
Vorher musste Steve abbremsen, denn ein mächtiger Adler saß auf dem Teer, von dem er mit kräftigen Flügelschlägen mit 2 Meter Spannweite abhob.
Um uns zur frühen Stunde aufzuwecken, spielt Steve – wie er sagt jeden Morgen – uns 4 australische Topsongs vor. Zu einem Lied hat er sich, quasi als Morgengymnastik, eine Choreographie ausgedacht und so singt der ganze Bus, mit Synchronbewegungen. Eine lustige Fahrt findet seine Fortsetzung.

8:45 Uhr in Normanton
Wet-Season, Regenzeit (November-April); das ganze Land am Golf steht unter Wasser; Kühe versinken im Schlamm; die Bewohner dieser Ortschaft flüchten sich in den 1. Stock ihrer Holzhäuser. 1958 verschwinden in dieser Zeit unter mysteriösen Umständen zahlreiche Rinder. Auch Hunde werden vermisst. Es geht das Gerücht um, dass ein Ungeheuer sein Unwesen treibt. Spuren eines Riesenkrokodils werden gesichtet, und tatsächlich: eines Tages schwimmt ein Krokodil von nie zuvor gesehenen Ausmaßen die überflutete Hauptstraße herauf auf der Suche nach Beute. Doch es sollte nie mehr wieder den Rinderbestand der Stadt dezimieren, denn sein letztes Stündchen hatte geschlagen. Eine tapfere Frau mit Namen Krystina Pawloski schnappte sich eine Flinte und streckte das Ungeheuer mit mehreren Schüssen nieder.
Heute ziert eine Replica des Originalkroks den Ortskern und es ist, kaum zu glauben, wenn man sich vor dem gigantischen Denkmal befindet. Du stehst vor dem längsten je auf der Welt gesichteten Krokodil: 8,6m lang; wirklich ungeheuerlich! 1 Tonne schwer, an die 150 Jahre alt! Sein Spitzname: Krys!

10:45 Uhr zwischen Normanton und Cloncurry
Termitenhügel, Millionen von Termitenhügeln in der staubigen Savanne. Termiten bauen sich diese turmartigen Gebilde, um zur Regenzeit aus dem überfluteten Grund, unter dem sie normalerweise wohnen in die “oberen Stockwerke” zu flüchten. Pro Jahr errichten sie 0,15m2 neue Wohnfläche. Wir hören Musik von Pink Floyd, während wir durchs Outback rauschen.

14:00 Uhr mitten in der Savanne vor Cloncurry
Barbecue mitten im Nirgendwo. Roter Sand. Glitzernde Quarzsteine. Stechendes Gras. Meterhohe Termitenhügel. Vereinzelt Eukalyptusbäume. Brennende Sonne und hungrige Backpackers. Gleich sind wir in der Stadt Cloncurry, die auf der Hauptroute von Cairus nach Darwin liegt, die über Townsville, Mount Isa und Tennant Creek führt. Aus mehreren Gründen bietet sich ein Stopp an: Einst war in den Stadtgrenzen die größte Kupfermine des britischen Empires. Dann befinden sich auf dem städtischen Friedhof Gräber, in denen Kameltreiber aus Afghanistan begraben liegen. Weiter wurde hier zum 1. Mal der Personenflugverkehr durch die heute noch existierende australische Fluggesellschaft Quantas aufgenommen. Und zuletzt wurde hier 1928 eine der legendären Nationalinstitutionen gegründet: Der “Flying Doctor’s Service”. Es war ein für damalige Zeiten wagemutiges Unternehmen für die abseits jeglicher Zivilisation gelegenen Farmen, die über keinerlei Infrastruktur verfügten, einen fliegenden Ärztedienst anzubieten, zumal damals die Fliegerei noch in den Kinderschuhen steckte. Voraussetzung für erfolgreiche Hilfe in Notfällen war die Übermittlung des Notrufs. So wurden zahlreiche Farmen mit einer primitiven Funkausrüstung ausgestattet, die mittels per Pedal betriebenem Generator mit Strom versorgt wurde. Auch heute noch garantieren die fliegenden Ärzte die medizinische Versorgung des Outbacks und das beste daran für die Farmer: Dieser Service ist für sie absolut kostenlos!