Samstag, 20. Juli, um 13:45 Uhr auf den Highway Nr. 1 Wir fahren kontinuierlich westwärts ins raue Outback, wie es nur wenige Touristen zu
Gesicht bekommen, denn die Busgesellschaft “Desert Venture”, die uns befördert, bringt ihre Fahrgäste, zumeist junge Backpacker, also Rucksacktouristen, auf abgelegenen Straßen nach Darwin. So steuern wir zuerst die am Golf von
Carpentaria gelegene Stadt Normaton an, die sich laut Angaben einiger Australier wirklich abseits jeglicher Zivilisation befindet. Begonnen hatte der erste Tag der 5-tägigen Reise im bewölkten Cairns um 6:15 Uhr. Es ging hinauf
in die Gebirgszüge der Great Dividing Range, durch Nebelschleier und Regen. Hier trägt die Gebirgskette den Namen Atherton Tablelands und auch hier verbergen sich zahlreichen Sehenswürdigkeiten, von denen wir nur wenige
rauspicken. Am 1. Stop schauten wir in die Tiefen eines schmalen und hochaufragenden Vulkankraters, dessen Boden mit grünschlammigen Wasser bedeckt war. Weiter ging’s zum breitesten Wasserfall Australiens, dem Millstream
Waterfalls, immer noch im feuchten Waldgebiet gelegen, aber bald schon, nachdem wir die höchstgelegenste Stadt Queenslands Ravenshoe (800m) hinter uns gelassen hatten, begannen sich die Waldflächen auszudünnen. So fahren wir
gerade auf einer einspurigen holprigen Teerstraße, die bei Gegenverkehr nur mit den rechten beiden Rädern befahren wird – die linken rollen dabei im roten Staub -, durch ein ausgetrocknetes Savannengebiet, das von losen
aneinandergereihten Bäumen durchwachsen wird, zwischen denen Rinderherden grasen und zahlreiche erdfarbene Termitenhügel aufragen. Es geht hinaus ins Real Outback, in dem es bis November nicht mehr regnen wird.
16 Uhr kurz nach Georgetown Rekord in Georgetown: Drei Tage lang herrschte Anfang der 80er das höchste je auf Erden gemessene Hitzeintervall mit
57° Celsius. Es wird trocken und heiß. Bei unserem Stop in diesem vereinsamten und verstaubten Örtchen schnappte sich unser absolut cooler Busfahrer und Reiseführer Steve von der vergitterten Ladefläche eines Pickupcars einen
riesigen Pitbull, der an seiner Vorderseite eine Lederrüstung trug, die diesen bei der Jagd auf wilde Schweine vor deren Hauern schützt. Wildpigs sind neben Wildcats und Canetoads (Zuckerrohrkröten) die größte Landplage und
bedrohen als “importierte” Tiere die native Natur Australiens. Aus diesem Grund sind die Schweine und Katzen zur allgemeinen Jagd freigegeben. Sogar die Armee wird zur Beseitigung der Landplage eingesetzt. Steve z.B. machte
noch vor kurzem mit dem Militär Jagd auf Wildkatzen: Zielübungen mit dem Maschinengewehr, wie er berichtete!
22 Uhr im Pubhotel in Croydon Das wird eine kurze Nacht werden! Morgen um 5 Uhr klingelt der Wecker, 6 Uhr Abfahrt; denn von Cairns bis Darwin
müssen knapp 3000km bewältigt werden. Aber das macht uns gar nichts aus, denn die Mitreisenden aus Holland, der Schweiz, aus Japan, Irland, England, Deutschland und den USA sind super nett, der junge Busfahrer ist absolut cool,
ein echter harter Outback-Aussie, das Essen angenehm, die Busfahrt relaxt, und die Unterkunft hier in Croydon auf charmante Weise originell: Wir übernachten im 1. Stock eines Wellblech-Pubs, old-fashioned eingerichtet. Unter
uns tönt die australische Musik aus der Jukebox im Barraum, der von zähen Cowboys gefüllt ist, die alle ein (bzw. zwei) Auge(n) auf die überzähligen Mädels werfen, denn wir sind zusammen mit einem weiteren Paar die einzigen
Nicht-Singles. Wie schon beschrieben: Wir sind im richtigen Outback gelandet, eine Stadt, 100km nur Savanne von Rindern, Bäumen und Steinen bevölkert, nächster Ort, wieder “Nichts”, usw. oder wie der Amerikaner sagte: “We are
in the middle of nowhere!” Aber könnte man das Rad der Zeit um 120 Jahre zurückdrehen, dann würden wir uns mitten in einer der geschäftigsten Stadt Queenslands befinden, der von Menschen maßlos überschwemmten Goldgräberstadt
Croydon. In den 1880er Jahren versuchten an die 30000 Leute aus aller Welt, wirklich beinahe jedes Land des Erdballs war hier vertreten, wie uns der weißbärtige Ortsranger versicherte, der über jeden ehemaligen Einwohner Buch
führt und uns interessante Aspekte des Ortes eröffnete – ihr Glück beim Gold schürfen, wobei die Anstrengung dabei angeblich sehr gering sein musste, denn die Goldstücke sollen nur so am Boden rumgelegen sein. Der Goldrausch
währte nur kurz und die geplünderten Felder und Stollen blieben zusammen mit einer prosperierenden Stadt zurück. Der Ort zerfiel zusehends, Pubs brannten in Buschfeuern ab, Hotels wurden abtransportiert und an anderer Stelle
wieder aufgebaut, und die Einwohnerzahl sank bis zu heutigen Stärke von 250. Aber was übrig blieb ist mehr als sehenswert: ein altes Gerichtsgebäude mit originaler Ausstattung, eine Town Hall, in der wegen der Wellblechwände
sogar zur Winterszeit eine entsetzlich heißtrockene Luft herrscht, und natürlich ein uriges Pubhotel! Auch kann man über die ehemaligen Goldfelder spazieren, aber dies mit Vorsicht, denn so manches darüberhopsende Känguru
verschwand plötzlich wie vom Erdboden verschluckt und fand sich verwirrt in den Stollengängen unwiederbringlich verloren wieder. Auch heute noch trifft man Glücksritter in der Gegend. So schwatze ich bei einem Rastplatz kurz
mit einem älteren Ehepaar, das seit drei Jahren mit Wohnwagen und Metalldetektor über die ausgedörrte Landschaft zieht und die aufgefundenen Goldunzen zum Lebensunterhalt verkauft. Irre Typen lernt man hier im Outback kennen.
Wir sind ziemlich froh, endlich von der Ostküste weggekommen zu sein. Die Leute im Outback nennen die verstädterten Ostküstler verächtlich “East-Coast-Idiots”. Na ja, auch bei diesen wilden naturbelassenen
Outback-Corcodile-Dundees hat die Sonne sicherlich schon ihre Brandspuren im Kopf hinterlassen! Aber nun Schluss! Morgen wird ein langer Tag!
PS: Halt: Ich muss noch etwas berichten: Sitzt doch im Bus tatsächlich ein Quälgeist aus Melbourne. Als ich noch dort an der Southbank Saxofon spielte,
hatte ich stets einen hartnäckigen Konkurrenten um die besten Plätze: ein japanischer Posaunist. Und dieser – sehr nette – Mensch sitzt mit uns im gleichen Bus! Crazy!
PPS: Noch etwas: Für die wilden Schweine trägt wieder einmal der alte Captain Cook die Verantwortung, denn die heute umherschweifenden Säue sind
Nachkommen der von Cooks Boot stammenden Schweine, die er, als er unglücklicherweise das Riff rammte, freilassen musste.
PPPS: Und fast hätte ich vergessen vom atemberaubenden Sonnenuntergang in der Savanne zu berichten und vom anschließenden abkühlenden Sprung in
den Ortsweiher: Schwimmen mit Blick auf den noch rotglühenden Horizont während im Rücken die samtblaue Nacht mit Mond am Himmel über die Landschaft schwebt!
|