Dienstag, 2. Juli um 20:45 Uhr auf dem Campingplatz von Rainbow Beach (21. Tag unserer Campervanreise)

Es ist schon erstaunlich, wie extrem sich die Temperaturen am Meeresstrand von denen im Inland unterscheiden. Heute früh, als wir noch 80 Kilometer vom heutigen Strandort entfernt im Landesinneren bei Gympie übernachtete, war unser Autodach von Reif (für alle Tschechen: das ist gefrorener Tau) bedeckt und auch der Atem gefror uns. Hier jedoch nur 50 Meter vom Strand entfernt scheint es eine mildere Nach zu werden, um 4 – 6° wärmer, und ich muss somit nicht so entsetzlich frieren wie letzte Nacht. Ein kleiner Trost für die klirrendkalten Nächte: wolkenloser Nachthimmel mit fantastischer Sternensicht, Milchstraße inklusive, den wir soeben auf dem Nachtspaziergang am Standstrand beobachtet haben. Rainbow Beach ist der einzige Ort, an dem wir uns heute aufgehalten haben, nachdem wir vom besagten Schlafplatz aufgebrochen waren, an dem wir eine Herde weißer Gänse mit seltsam rotem Gesicht – Eva meint, es seien chinesische Gänse – zurückgelassen hatten, die beinahe unseren gesamten Frühstückskuchen verspeist hätte. Die Fahrt führte durch eine kilometerlange Kiefernmonokultur stets auf die Küste zu. Dabei ging die Straße teilweise steil bergab und wie in der Achterbahn ruckartig wieder bergauf, so dass es Evas Magen immer schlechter ging. Aber vielleicht lag dies auch an den Kuchenmengen, die wir heute zum Frühstück zusammen Chips verdrückt hatten, die ich gestern in einer Riesentüte (18 kleine Chipspäckchen mit den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen darinnen) gekauft hatte.

Rainbow Beach würde als Ort wahrscheinlich nicht existieren, wäre da nicht der bei Touristen äußerst beliebte Great Sandy NP, der sich aus dem Cooloola NP auf dem Festland und der größten Sandinsel der Welt, Fraser Island, zusammen setzt. Von Rainbow Beach aus starten Touren in beide Richtungen. Heute wollten wir eigentlich eine längere Wanderung über den Sand des Cooloola NP unternehmen, aber der ganze Vormittag war mit der Organisation unseres morgigen Ausflugs nach Fraser Island belagert. Zunächst verglichen wir die verschiedenen Tourenanbieter, bis wir uns entschlossen, auf eigene Faust im allradbetriebenen Jeep durch die Sandinsel zu touren. Bis wir den Mietvertrag für den Jeep studiert und die notwendige Erlaubnis zum Befahren der Sandpisten eingeholt hatten, war es schon Mittag und somit blieb nur noch Zeit, eine 4,5 km lange Wanderung zum Lake Poona zu unternehmen. Aber das klingt noch wenig atemberaubend, wenn man nicht weiß, dass sich der gesamte Great Sandy NP auf Sanduntergrund befindet, auf dem sich auf knappster Humusschicht ein empfindlicher und zauberhafter Regenwald entwickelt hat und in dessen Inneren sich märchenhafte Süßwasserseen, angeblich mit der besten Trinkwasserqualität der Welt, versteckt halten. Zu einem dieser Seen wanderten wir und wir ließen es uns nicht nehmen, trotz kalter Wassertemperatur den ganzen See einmal zu durchschwimmen. Zurück ging es über schneeweißen Sand am Ufer entlang. Eine Oase der Ruhe umgeben von Regenwald. Nachdem die Abenddämmerung soweit im Norden schon etwas später (um 17 Uhr) einsetzt, konnten wir noch einen spektakulären Strandabschnitt bei Rainbow Beach aufsuchen, der auch für den Namen des Ortes verantwortlich ist. Auf sandigen Wegen durch Regenwald steigt man parallel zum Strand einen Hügel empor bis plötzlich der Wald aufhört und man vor einem gigantischen Bergsattel steht, der vollkommen mit Sand gefüllt ist und der links zum Meer hinab läuft und sich in der Gegenrichtung in das Areal des Cooloola NP verliert, das über und über mit Seen bedeckt ist. Zunächst liefen wir barfuß über feinsten Sand zum Meer hinab, bis wir von sanften Klippen gebremst wurden, die in den verschiedensten Farben in der Abendsonne glänzten. Schon auf dem Weg dorthin bemerkten wird, wie sich unter dem hellbraunen Sand stellenweise weißer Sand zeigte. Bei den farbigen Klippen angekommen wurde der nun zweifarbige Sand von weitern Farbtönen durchdrungen, die von den z.T. zu feinen Sand zerbröselten Klippenfelsen stammten. Orange, rote und sogar schwarze Sandtöne ergaben zusammen mit weißen, braunen und senffarbenen eine fantastische Farbpalette. Dazu gesellte sich das Blau des Meeres, das Grün des Regenwaldes, und der rosarote Abendhimmel: Rainbow Beach!
Ich genoss das Naturschauspiel während mir Eva meine Sitzfläche unter dem Hintern wegschaufelte und meine Hände dafür unter dem Sand begrub. Etwas genervt stampfte ich zurück zum Sattelhöhepunkt, um wieder rechts den Sattelrand zu erklimmen, als mich ein spektakulärer Sonnenuntergang über der Seenplatte in den Bann zog. Als Eva zu mir aufgerückt war, war sie von etwas ganz anderem fasziniert: Im Süden waren deutlich Rauchschwaden zu erkennen, die von einem dort tobenden Buschfeuer stammten. Auch der Löschwasserstrahl und einige Feuerzungen waren auszumachen. Beunruhigt fuhren wir zum Campingplatz. Aber unsere Nachtruhe war bald wieder hergestellt, da es sich bei dem gesichteten Feuer nur um ein kontrolliertes Abbrennen von Waldfläche handeln sollte. Der Zweck jedoch blieb uns verborgen.
Wir jedoch starten nun erst mal zu unserem morgigen Sandabenteuer: Fraser Island mit Allradantrieb.

Gefahrene km: 101