Melbourne 2. Mai 2002: How are you going?? Huch, es sind ja schon 10 Tage her seit meinem letzten Eintrag, aber die Zeit lief wie im Flug vorbei! Hat auch seine Gruende: Wir stecken mitten in den grossen Vorbereitungen zu unserer langen Rundreise durch den halben Kontinent. Und, wir koennen uns alles leisten!! Wir haben naemlich die gesamte Steuer rausbekommen!! Und was ist alles in unserem Urlaubspaket enthalten??? Nur in aller Kuerze: 30 Tage Campervan von Melbourne nach Cairns, evt. Tauchkurs am Great Barrier Reef in Cairns, 5 Tage quer durchs Outback nach Westen und Norden in die Stadt Darwin, "Crocodile-Dundey-Land" Kakadu National Park, Wuestensafari via das rote Zentrum (Ayers Rock) und mit Abstecher in die Simpson Wueste (im Herzen des Kontinents), evt. 5 Tage Aufenthalt in einem Aborigieni Camp in den Flinders Ranges, Adelaide, Flug von dort auf die Insel Tasmanien (Under Down Under!), 6 Tage Autorundreise, Rueckfahrt nach Melbourne mit der Faehre ueber die stuermische Bass Strait! Das waren nun die Eckdaten, und wer auch in Zukunft online bei unseren Erlebnissen dabei ist, bekommt in jedem Fall die ganze Reise mit!! Nun zurueck zum herbstlichen Melbourne, denn seit einigen Tagen ist es nachts immer unter 10 Grad kalt, und das ist eine ganze Menge verglichen mit den heissen Spaetsommertagen, die wir hier schon genossen haben. Dafuer verwoehnt uns die Sonne stets tagsueber mit ihren Strahlen und angenehmen 20 Grad. Die kalten Naechte waeren somit kein Problem, wenn unsere Wohnung eine Heizung haette! Ja, unsere Heizung wurde noch nicht eingebaut, wie vom Hausbesitzer versprochen. Dazu kommt, dass die Wohnung eigentlich ueberhaupt nicht isoliert ist! Dann packen wir uns halt abends immer warm ein. Der Tagesablauf von Eva und mir ist ungefaehr immer der gleiche: Eva steht zwischen halb 7 und halb 8 auf und verlaesst die Wohnung gegen 8 Uhr. Ihre Schule beginnt um 9 Uhr. Mittags hat sie zwischen 12.15 und 13.15 Pause und ab und zu treffen wir uns und gehen was warmes Essen (letztens erst lecker Indisch! Ganzer Teller fuer 3,5 Euro!!). Ihre Schule - uebrigens meines Erachtens sehr professionell gefuehrt, denn sie schreiben oft Zwischentest um ihren Wissenstand zu ueberpruefen und bekommen jede Menge Hausaufgaben, die regelmaessig kontrolliert werden! - endet um 15.30. Danach nimmt sie sich oefters eine kurze Auszeit. Studieren in der State Library, Einkaufen auf dem Queen Victoria Market, - ein Markt, ueber den zu berichten sich ein eigener Reisebericht Eintrag lohnt - Erledigen der Internetpost in der Unibibliothek oder einfach nur erschoepft nach Hause fahren, das sind ihre Optionen fuer den Abend. Ich hingegen starte etwas relaxter in den Tag: Ausschlafen (bis 8 oder 9, schliesslich habe ich ja auch Ferien! Hab schon ein schlechtes Gewissen gegenueber Eva deswegen!), dann Saxofonueben zu hause, Einstudieren neuer Stuecke oder Technikuebungen, bzw. Englischlernen, - dabei lese ich entweder englische Romane oder studiere englische Reisefuherer zwecks der Reisevorbereitungen - momentan habe ich auch viel Zeit vormittags mit der Routenplanung der grossen Reise verbracht. Um die Mittagszeit spiele ich dann an der Southbank, dem suedlichen Ufer des Yarra-Rivers, fuer 1 - 2 Stunden. Nachmittags wandere ich von einem Reisebuero zum naechsten, besorge mir auf dem Weg die noetigen Infos in den Flugbueros, Businformationen, Touristenauskuenften, die ich fuer unsere Wochenendtrips und v.a. im Moment fuer die 3-monatige Rundereise brauche. Oft bin ich auch in der State Library anzutreffen, wo man ueber Internet den Spiegel lesen kann, oder auch dessen Ausgabe vor 2 Wochen (leider immer verzoegert) nachstudiert. Diese Bibliothek besitzt auch eine Musikabteilung, in der ich mir Jazznoten ausleihe, in denen ich die ueblichen Standards, die ich mir noch einverleiben moechte, die ich dann, da diese Bibliothek grundsaetzlich keine Ausleihe genehmigt, handschriftlich kopiere und in den naechsten Tagen vormittags meinem Repertoire einverleibe. Wegen der ruhigen Atmosphaere ist es unglaublich angenehm in der State Library zu verweilen. Auch kann man dort die australischen Zeitungen zu studieren und die taegliche Ausleihe mancher Buecher, z. B. "Daywalks around Melbourne" bringt uns tolle Ideen fuer die Wochenendausfluege. Ein weitere Aufenthaltspunkt fuer mich ist die RMIT-Universitaet, die technische Uni, deren Hauptgebaude direkt gegenueber der State Library liegt und die einen Musik-Anhoerraum besitzt. Dort kann man sich - auch ich, obwohl ich kein Student bin; aber das nehmen die dort trotz diesen Wissens nicht so genau! - Kassetten anhoeren, die ich gleich auf Minidisc kopiere, um zuhause nicht ganz auf Musik verzichten zu muessen! Gegen Fuenf Uhr spiele ich naochmals an den Trainstations, denn dann kriechen die Bueromenschen aus ihren Hochhausern und geben gerne viel. Abends dann kochen wir manchmal. Eva hat viel zu studieren, ich unterstuetze sie von Zeit zu Zeit. Um 21.30 sendet das staatliche Fernsehen SBS die World News, die wir nicht vermissen wollen. Zu Bett gehen wir meist gegen 23.30 Uhr. So, das waere ungefaehr unser Tagesablauf! Bevor ich nun an den letzten Eintrag anknuepfe und unsere weiteren Erlebnisse chronologisch schildere, noch ein Wort zu dem Sender SBS. Beinahe jeden Tag strahlt SBS um 22 Uhr tolle Filme aus, die sich doch von den Angeboten unterscheiden, die man in Deutschland serviert bekommt. Denn es handelt sich in den meisten Faellen um herausragende auslaendlische Fime. Nur ein paar Beispiele fuer die reichliche Auswahl: Tschechien "Die Rueckkehr des Idioten" (unbedingt ansehen, wenn er bei euch im Fernsehen laeuft!!), Deutschland " Pioniere in Ingolstadt" (sic!!), von Fassbaender, Russland "Svadba" (was habe ich bei diesem Film gelacht! Mein neuer Lieblingsfilm!), Israel "Yom Kippur" (ein Dokudrama ueber den Krieg 1973 oder 72 (?)). Alle Filme werden zu Beginn von einer Filmkritikerin erlaeutert, eventuelle errungene Preise aufgezaehlt und es ein paar Worte uber die Schauspieler und den Regisseur verloren. Man bekommt also einen tollen Einblick in die Filmgeschichte und sieht hervorragend gedrehte Filme in der Originalsprache mit englischen Untertiteln. Jetzt aber back zu unseren Erlebnissen und straight ahead! Ich war beim 6. Wochende stehengeblieben, genau beim Footballmatch. Australian Football ist, laut der Einfuehrung durch einen von Evis Lehrern, eine Mischung aus folgenden Sportarten: Basketball, Rugby, American Football, Fussball und einem traditionellen Spiel der Aboriginies. Gespielt wird auf einem ovalen Feld, dessen Ausmasse nicht genau definiert sind (Durchmesser 100 Meter bis 150 Meter, oder mehr; das spielt keine Rolle!). Jeweils am schmalen Ende dieses Ovals stehen 4 Pfosten; 2 an die 10 Meter hohe Pfosten in der Mitte, die das Haupttor ausmachen. Die beiden anderen Pfosten sind nur halb so hoch und stehen jeweils neben einem grossen Pfosten, so dass sich insgesamt 3 Tore ergeben: Das Haupttor und 2 Nebentore neben diesem. Ein Kick, also ein Schuss durch das Haupttor zaehlt 6 Punkte; durch das Nebentor gibt es 1 Punkt. Es befinden sich pro Mannschaft 15 Spieler auf dem Oval - + 3 Auswechselspieler pro Mannschaft, die ohne Anmeldung und so oft man will ausgewechselt werden koennen - neben einer Anzahl von ungefaehr 5 Schiedsrichtern und 3-5 Infolaufern, die gesteuert von den Trainern die Aufgabe haben, wichtige Informationen den Spielern zu uebermitteln. Es herrscht also ein fast unuebersichtliches Chaos auf dem riesen Feld, das nur durch die farbenfrohen Trikots der Manschaften und dem Weiss der Schiedsrichter etwas uebersichtlicher gestaltet wird. Die Mannschaften spielen gegeneinander. Ziel des Spiels ist es, innerhalb der 4 jeweils 20 minuetigen Quarters so viele Tore wie moeglich zu schiessen, bzw. den Gegner daran zu hindern. (Ergebnisse 120 zu 68 sind keine Seltenheit) Das klingt doch wie Fussball! Ist es aber nicht, denn beim australischen Football darf man die Haende zum Passen mit benutzen. Ein Handpass darf aber nur via eines Faustschlages auf den Ball, der einem Rugbyball gleichsieht, gespielt werden; Werfen ist verboten. ein Pass mit dem Fuss ist die 2. Moeglichkeit, den Ball weiter zu befoerdern und diese ist auch die weitaus bessere, denn faengt ein Mitspieler oder Gegner diesen mit dem Fuss gekickten Ball, dann darf dieser von den Spielern nicht mehr attackiert werden und er hat alle Zeit der Welt, sich den naechsten Anspielpartner rauszusuchen, den er am besten wieder mit einem Fusskick zu erreichen sucht. Schafft es eine Mannschaft auf diese Weise bis vor das Tor, dann ist ihr ein 6 Punkte-Tor gesichert, denn niemand darf dich, wenn du vor dem Tor stehst und einen mit dem Fuss gekickten Ball erfolgreich gefangen hast, niederwerfen. Klingt einfach, nicht? Aber fange erst einmal diesen komischen ovalen Rugbyball, der dir entgegen geeiert kommt. Und, noch viel schwieriger: Der Gegner kommt auf dich zu und wird dich 100 % tackeln. Tackeln ist eine koerperliche Attacke auf den Gegener, die aber, aus gesundheitlichen Gruenden, auf die Koerpergegend zwischen Huefte und Schulter beschraenkt ist. Tackeln ist immer dann erlaubt, wenn der Ball nicht direkt aus der Luft von einem Fusskick kommend gefangen wird. Beruehrt der Ball den Boden, auch mit dem Spieler, dann wird gerauft um den Ball. Und das sind die witzigen Momente des Spiels: Ein grosser Teil der Mannschaft rennt auf den Ball zu, der unkontrolliert und wie wild in alle moegliche Richtungen umherspringt, versucht ihn unter Kontrolle zu bringen und strebt danach, einen Fusskick zu produzieren. Alles sehr unterhaltsam und unglaublich schnell! Und friedlich, denn die Fans sitzen nicht getrennt und vertagen sich trotz lauthalsem Geschreis untereinander. Das war also unsere 1. und wahrscheinlich einzige Australian Football Erfahrung, denn ich bevorzuge doch das langweilige Fussball - was heisst langweilig: bald ist Weltmeisterschaft und wir haben die Moeglichkeit, alle Spiele anzuschauen, denn sie werden nachmittags und am fruehen Abend uebertragen. Welch ein Glueck. Und unsere Chinesen in der Wohnung zittern schon den Partien ihrer Mannschaft entgegen: Gegen Italien (Hallo Giovanni! Das gewinnt ihr doch, oder??) und Brasilien. Die Armen!! -. Das war der Samstag Nachmittag unseres 6. Wochenendes. Abends besuchten wir eine Veranstaltung im Rahmen des Comedy Festivals: Australian Improtheater, dem Deutschen gleich, halt nur auf Englisch. Wir haben auch fast nichts verstanden, aber es war witzig, v.a. die Szene, als die Schauspieler auf Vorschlag des Publikums waehrend ihres Agierens tschechisch sprechen sollten (Ein lachender Aufschrei von Eva und mir). Zwischenbemerkung: Der australische Zuschauer, der die Sprache vorschlug, rief nicht Tschechisch, sondern Tschecho-Slowakisch. Sie kennen halt nicht die Feinheiten des europaeischen Kontinents. Auf dem Sonntagsprogramm stand das Old Gaol von Melbourne, ein riesiges und duesteres Gefaegnis, beruechtigt, seit Mitte des 19. Jahrhunderts existierend und damals das groesste Gebaeude der Stadt. Wir erfuhren dort einiges zur Geschichte der Stadt, dass z. B. die Wurzeln der Stadt Melbourne nicht in einem Gefangenenlager liegen - worauf die Melbourner gegenueber der Konkurrenzstadt Sydney sehr stolz sind - , sondern auf Goldfunde im Norden der Stadt gruenden. Wegen Streitereien und Verbrechen zwischen den Goldgraebern war es auch noetig geworden, dieses Riesengefaegnis zu bauen. Beruehmt ist es auch, da hier der beruechtigte Ned Kelly gehaengt wurde, angeblich eine Art australischer Robin Hood. Er beging einige Raubzuege und wurde vor Allem wegen Polizistenmordes gesucht. Sein Leben ist in einige Folklieder eingeflossen, die ich zufaelligerweise in meinen 2 bereits gekauften Liederbuechern entdeckt habe. Unsere naechste Unternehmung folgte dann donnerstags darauf, dem Anzac Day, einem australischen Kriegergedenktag, an dem der ganze Kontinent zu Ehren der v. a. in den Weltkriegen gefallenen Soldaten frei hat. Evas Klasse veranstaltete im Haus der deutschen Mitstudentin Annette ein internatioanles Fest. Jede Nationalitaet aus der Klasse kochte ein fuer dieses Land typische Spezialitaet. Es gab: Tschechischen Pudding und Fischaufstrich, bayerischen Obazdn - um mit unseren Gerichten anzufangen -, deutschen Kaesekuchen und Kartoffelsalat, schweizerische Nussgipferl, italienische Lasagne, australische Anzac-Cookies und australischen Kuchen (man verschmelze 1 Kilo Zucker und ein Pfund Butter, mische das mit Mehl und backe das dann irgendwie, weiss nicht genau wie, aber nach 3 Stueck von diesem koestlichen Kuchen wiege ich 3 Kilo mehr!! - japanische Misosuppe, Eierstich mit Soya und geriebenen Radi, ein japanisches Nudelgericht, japanische Reisbaelle, und - mein Favourit - koreanische Nudeln mit Eierstich und mariniertem Rinderfilet: Lecker, lecker, lecker... Nun haben wir halt einige Kilo mehr am Bauch, denn auch am Freitag ging die Fresserei weiter: Jeden Freitag bieten die Fischhaendler am Queen Victoria Market am Ende der Markzeit 5-6 Fischfilets fuer umgerechnet 2,5 Euro an. Tagesfrisch und beste Qualitaet ohne Graeten! Den braten wir dann zuhause fein mit Soyasauce oder Currygewuerz an und verschmausen das dann in einem Zug! Wir werden also entgegen unserem Vorhaben immer runder, auch dadurch bedingt das Eva und ich jeweils unsere Lieblingsschokolade hier in Australien entdeckt haben, die wir nicht minder zu uns nehmen: Eva's Favorit: Weisses Kitkat. Mein Traum: Weisse Schokolade mit braunen Schokokeksen (englischer Geschmack) darinnen. So sehen wir immer mehr den 20 Prozent der Australier aehnlich, die durch unglaubliche Fettheit glaenzen. Ja, es gibt hier so richtig dicke Menschen, denen der Schwabbelbauch vorne, seitlich und hinten rausschaut und die wegen ihres enormen Hintern nicht einmal durch die Strassenbahntuer passen. (Gemein beschrieben, aber vielleicht beginnen wir, wenn ich das noch einmal ueberlese endlich damit, weniger ungesund zu essen.) Es ist aber auch kein Wunder, das viele Australier - laut Statistik ueber 30 % - an gesundheitsschaedlichem Uebergewicht leiden, denn die Hauptmalhzeit besteht bei vielen aus den Menues von McDonald oder Burger King, die hier jeden Strassenzug saeumen; also dicke Fleischburger, fette Fritten und zuckerhaltiges Cola. Dazu dann Chips mit unglaublichen Geschmacksrichtungen (z. B. Chicken Flavour!!) und jede Menge Fleisch, denn neben dem Fisch kann man hier auch unglaublich guenstig Rindfleisch einkaufen: Ein riesiges Porterhouse-Steak oder ein saftiges Rumpsteak fuer 3,5 Dollar. Wir versuchen uns an das gesunde japanische Essen zu halten, das hier ebenfalls guenstig offeriert wird, oder viel Obst und Gemuese, das ebenfalls auf dem Quenn victoria Market angeboten wird, einzukaufen. Und zum Fruehstueck gibts meistens sehr gutes Muesli, mit vielen getrockneten Fruechten darin. Leider schmeckt die Milch hier in Australien bisschen nach Rind, und die Butter ist meistens gesalzen, aber sonst lassen wir es uns essensmaessig sehr gut gehen. Und keine Angst: Wir kommen sicher in der gleichen Gestalt nach Europa zurueck, mit der wir losfuhren. Unser Ziel ist sogar etwas leichter! We will see. So, liebe Freunde, Verwandte, Fans von Nimm Drei. Das wars mal wieder. Ich habe natuerlich nicht das zurueckliegende 7. Wochenende beschrieben, aber das gibts dann in einem Aufwasch mit dem folgendem in der naechsten Woche! Ich beneide euch um den unschlagbaren Wonnemonat Mai im Europa und gruesse alle recht herzlich!! See you! Robert |