Montag, 17. Juni, 9:30 Uhr vor Braidwood
Wir fahren mit vollem Magen nach Batemaus Bay über hügeliges Weideland. Heute früh haben wir alle verbleibenden Steaks (9 an der Zahl!) rausgebruzzelt zwecks Konservierung: Auch braidwood ist eine historisch Kleinstadt (gegründet 1889) mit reizenden Veranden und Arkaden. Wir fahren am Südrand des Morton NP eine steile und gewundene Straße, die durch üppigen Eukalyptuswald verläuft und zuns vom Hochplateau der Snowy Mountains, dem “High Country”, in hoffentlich wärmere Gefilde an der Ostküste führt, denn die letzten beiden Nächte waren so bitterkalt, dass wir uns schon ganz dick in unsere Schlafsäcke einwickeln mussten, um nicht während des Schlafes zu erfrieren. Die Gegend um Canberra ist bekannt gfür ihre frostigen Nächte unter 0 Grad Celsius. Aber das halten wir gerne aus, entschädigt doch das Aufwachen und Frischmachen mitten in der Natur zwischen Eukalyptusbäumen und lachenden Cockaberries für alle Entbehrungen.

18 Uhr in Nowra
Völlig andere Stadt: viel mehr Verkehr, rege Geschäftigkeit, auswuchernde Gewerbegebiete mit Einkaufszentren, zurückgedrängte Natur; wir sind auf einem der berühmtesten Highways Australiens, dem Highway Nr. 1, der einmal den ganzen Kontinent zumeist an der Küste verlaufend umrundet und eines der Touristenhighlights darstellt, was leicht an den wie an einer Perlenschur aneinandergereihten Hotels, Motels und Caravanparks zu erkennen ist. In eine gänzlich andere Welt sind wir da eingetaucht, als wir von Canberras hoher Ebene geradewegs auf die Ostküste zurollten, denn die Kleinstadtromantik und Naturbelassenheit weicht auf fast zudringliche Weise der schnellen Lebensweise und Hektik des 21. Jahrhunderts. Aber bald verlassen wir diese geschäftige Ader wieder und wenden uns leicht inwärts zu dem Ort “Kangaroo Valley”, der das Eingangstor zu unserem nächsten VP, dem Morton NP darstellt. Aber dazu morgen.
Als wir am Vormittag auf die Tasmanische See zurollten, empfing uns als erstes Batemaus Bay, an dessen Ortsrand wir eine reizende Wanderung unternahmen. über einen Sandstrand, der sich als wahre Schatzkammer für Meeresmuscheln und –Schnecken entpuppte, - wir können schon mal den Container für den Rückflug nach München bestellen, denn was wir am 6. Tag schon alles an Steinen, Muscheln und Hölzern mitrumschleppen! – bummelten wir die frische und angenehm salzige Meeresluft im strahlenden Sonnenschein schnuppernd zu einem auf Holzstegen angelegten über seichtes Wasser und durch Mangrovenwäldern führenden Naturlehrpfad, der uns in die Lebensweise der einzigartigen Mangrovenbäume einweihte, die als einer der wenigen Bäume in seichtem Salzwasser leben können, da sie über ein spezielles Filterungssystem verfügen das die Salzanteile des Wassers auf den fleischigen und wachsigen Blättern ablagert. Dabei bieten diese dichtgewachsenen Bäume Schutz und Nahrung für zahlreiche Meerestiere, von denen wir eine seitwärts sich fortbewegende Krabbe und tigerfellgemusterte Fische gesehen haben. Alles sehr erfrischend!
Weiter ging’s in den nördlich gelegenen Murramarang NP, der als Geheimtipp unter den unzähligen NPs gilt, denn obwohl er so in einigen Büchern angekündigt wird, findet man doch äußerst wenig Informationen zu ihm. So war es nicht verwunderlich, dass wir bis auf zwei Surfer alleine einen Spaziergang am Strand dieses NP unternahmen. Der Weg zu diesem führte zunächst durch dichten und ursprünglichen Regenwald. Direkt am Strand stellten wir den Van ab und wieder einmal begaben wir uns auf Schatzsuche, denn die Taschen überfüllten sich mit allerhand Meeresgerippe. Ich konnte Eva gerade noch davon abhalten, das Skelett eines Hummers einzupacken! So schlenderten wir am Depot Beach entlang. Eigentlich wollten wir ja zum Pebbly Beach, sollten sich ja dort Kängurus am Strand sonnen, aber leider ist uns der Weg dorthin durch eine Schotterstraße verwehrt, worauf zu fahren uns laut Mietvertrag verboten ist. Nun, als wir so mit Kopf nach unten (Wettbewerb: Wer findet die größte Meeresmuschel) am Strand entlangliefen, stand plötzlich, bisher von uns nicht bemerkt, ein Känguru neben uns im Sand, ein paar Grashalme pflückend. Ich pirsche mich heran, mache ein Foto, rücke näher, überlege, ob ich es streicheln soll. Eine englische Stimme reißt mich aus meinen Gedanken: “Kommen Sie dem Tier nicht zu nahe! Es kann aggressiv reagieren! Sehen sie dessen Hoden? Es ist ein Männchen!” Die Stimme gehört einer Frau, die, wie sich aus dem entwickelnden Gespräch ergibt, einmal einen tschechischen Freund hatte und auch Prag kennt. Sie ist mit ihrem Ehemann, einem Inder, unterwegs, der wie sie in Canberra wohnt. Der Inder bemerkt unsere Kamera: “Oh, eine Fed! Ein sehr gutes Gerät!” Es stellt sich heraus, dass er ein Fotogeschäft in Canberra besitzt und sich mit alten Kameras auskennt. Besser als Eva und ich es je getan haben, hantiert er mit unserem russischen Modell herum, erklärt die wichtigen Einstellungen, erzählt, dass die Top-Qualität der Kamera daher rührt, dass die Baupläne aus der DDR-Fabrik “Laika” stammten und die Linsen möglicherweise – er bewundert deren Qualität! – von der Firma Zeiss stammen! Und er gibt uns eine Lösung des Problems, das wir mit der Kamera seit den letzten Tagen in Melbourne haben, denn sie transportiert nur sehr schwer den Film weiter. Und während seines Vortrags steht die ganze Zeit das Känguru im Hintergrund, durch nichts aus der Ruhe zu bringen!
Als wir zum Campervan zurückkehrten – nachdem wir die wahrscheinliche Strandtoilette der Kängurus durchquert hatten, den Kothäufchen auf der Rasenfläche nach zu urteilen – präsentierte jeder von uns seine am Strand gefundenen Schätze. Und wieder, während wir uns gegenseitig bestaunten, taucht vom Waldrand herkommend und wieder von uns unbemerkt ein Känguru auf und grast ruhig auf der Fläche vor dem Sandstrand. Als wir vorbeifuhren, riefen wir ihm durchs offenen Fenster ein tschechisches “Ahoj” zu. Links rauscht das Meer hinter dem Känguru und ... Das ist doch nicht möglich: Wir schauen durch die rechte Fensterscheibe und uns schauen neugierig, keine 2 Meter entfernt, zwei paar braune Känguruaugen an! Wieder ein herrlicher Tag!
Den Rest des Tages verbringen wir auf dem vorher beschriebnen Highway, nach Nowra brausend.

Heute gefahrene Kilometer: 243