Sonntag, 14. Juli, um 9:00 Uhr auf “hoher See”

Wir fahren zum größten lebenden Organismus der Erdkugel, das einzige Wesen, das vom Mond aus gesehen werden kann: zum Great Barrier Reef! Dieses gigantische Korallenriff übertrifft in seinen Ausmaßen die Fläche Großbritanniens, besitzt World Heritage Status und hat das stolze Alter von 18 Millionen Jahren. Es erstreckt sich von Rockhampton nordwärts bis Papua Neu Guinea, über 2000 km lang.
Das sind die harten Fakten unseres heutigen Ausfluges, den wir mit einer Fahrt auf einem friedlich vor sich hintuckernden Schiff heute morgen um 7:30 Uhr begonnen haben. Neben uns brausen die schnellen Katamarane vorbei und verschwinden im Horizont. Wir aber haben uns heute entschieden, die billigste Variante auszuwählen und somit ist unser Transportgefährt ein altes, schaukelndes und kleines Schiff.

14:30 Uhr: Rückfahrt zum Kai
Ein wunderschöner Schnorchelausflug liegt hinter uns. Es ist schon sagenhaft 15 – 20m über dem Meeresboden zu schweben mit klarster Sicht nach unten. Da kann einem auch ganz schön schwindelig werden. Besonders am äußeren Riff, das sich steil abfallend in den dunkelblauen Tiefen des Ozeans verliert, findet man noch eine im Großen und Ganzen gesehene intakte Korallenwelt vor. Man darf sich jedoch nicht vorstellen, dass diese bunte Meereswelt nur von diesem Abstand aus beobachtet werden kann, denn alle Ausflugsschiffe fahren bis direkt an die flachen Stellen der Riffe heran, so dass man die Korallen und die sich darin bewegenden Fische direkt vor seiner Taucherbrille hat. Aber darin liegt auch schon das Problem. Die jährlich hundertausendfachen Schwimmflossen berühren unvermeidlich die fragilen Korallen und beschädigen unwiederbringlich das Wunderwerk. Noch findet man zwischen den grauen bereits erkalkten Stellen zauberhafte Gebilde in allen Farben, aber die Zerstörung durch den Tourismus ist unübersehbar. Nun hoffen wir beide, dass nicht alle Teile des Riffs für die Touristenheerscharen freigegeben sind. Wobei dazukommend noch ein weiterer Faktor die Korallenwelt mehr und mehr bedroht: Die globale Erderwärmung. Voraussagen lassen das Schlimmste erahnen: In 40 Jahren sollen die tierischen Lebewesen, welche Korallen ja sind, in den für sie dann zu warmen Gewässern abgestorben sein,; an Stelle der heutigen farbigen Welt wird man nur noch graue Kalkskelette sehen.
Neben Korallen lassen sich Unmengen von Fischen beobachten. So schwammen wir durch einen Schwarm blau glänzender kleiner Fische, machten uns gegenseitig darauf aufmerksam, wenn einer einen der schönsten Fische, ein unterarmlanger türkisgrüner Fisch, der noch in weiteren allerlei Farben schimmerte, gesichtet hatte, und versuchten die mittelgroßen weißen Fische mit schwarzen Kulleraugen und spitzer Schwanzflosse zu fangen. Drei Höhepunkte bestimmten den Tag. Zunächst legten wir an einer von Vogelschwärmen besiedelten Sandinsel an, um dort die erste Schnorcheltour zu unternehmen. Zunächst zeigte sich die für uns schon gewohnte Unterwasserwelt. Doch nach 10 Minuten Schnorcheln konnten wir zwischen den Korallensträuchern einen faltigen, schlangenähnlichen Kopf ausmachen. Erschrocken wich ich zurück. Der Kopf verschwand auch für kurze Zeit. Ein sachtes Annähern meinerseits brachte des Rätsels Lösung: Der Kopf gehörte zum 1 Meter Durchmesser umfassenden Panzer einer Wasserschildkröte, die sich zaghaft aus ihrem Versteck hervorwagte und dann mit eleganten Paddelschlägen im tiefen blauen Meer verschwand. Wir waren fasziniert.
Aber nicht minder begeistert waren wir, als wir an unserer 2. Station des Tages am äußeren Great Barrier Reef im flachen Wasser große aquamarinblaue Seesterne ausmachen konnten, und als wir wieder an Bord unseres alten Schippers gegangen waren, tauchte aus den Fluten ein 1 1/2m langer und dicker Fisch auf, der mit seinem dicken Kussmundmaul die Brotstücke aufschnappte, die ihm der Kapitän zuwarf.
Und jetzt sitzen wir gerade am Vorderdeck des nach Cairns tuckernden Schiffes, die Berge der Great Dividing Range im Dunst vor uns und lassen uns und die nassen Sachen vom lauwarmen Wind trocknen.
Heute Abend treffen wir uns noch mit Rod, unseren australischen Freund aus Melbourne, der ebenfalls für ein paar Tage in Cairns Urlaub macht. Morgen dann geht’s wieder in den Regenwald nach Norden, für weitere 5 Tage, ehe wir am nächsten Wochenende ins trockene Innland nach Darwin aufbrechen.