In der Stadtmitte von Cairns um 18 Uhr am 12. Juli 2002 (Freitag)

Nachdem es hier soweit nördlich noch über eine halbe Stunde lang hell bleiben wird, kann ich noch das Zwischenresümee 2 bei Tageslicht zu Papier bringen. Ich möchte für alle Zahlenfanatiker eine Statistik unserer Campervanreise auflisten:

Anzahl der Miettage:

30

Gesamtanzahl der gefahrenen Kilometer:

6400

Verbrauchtes Benzin:

760 l

Ausgaben für Benzin:

386 Euro

Auf Campingplätzen verbrachte Nächte:

9 (davon 5 in Sydney)

Dabei Ausgaben für die Übernachtung:

103 Euro

Anzahl der in 30 Tagen geschossenen Fotos:

500 (!!)

Campervanmiete:

1392 Euro

Sonstige Ausgaben in den 30 Tagen (Essen, Ausflüge, Eintritte...):

1740 Euro

Funfaktor:

100%

Und nun sitzen wir also in Cairns im Norden von Queensland und wieder einmal lohnt es sich, die Landkarte Australiens zur Hand zu nehmen und diese Küstenstadt drauf zu lokalisieren. Unterhalb von Cairns zweigt der berühmte Highway No. 1 nach Westen ab Richtung Outback und viele Touristen sind der Meinung, dass sie in Cairns in der nördlichsten Stadt Queenslands angekommen sind. Und wahrscheinlich sucht ihr jetzt gerade auf eurer Karte, ob sich vielleicht nicht doch noch eine Stadt nördlich befindet, vielleicht vergeblich. Wer es aber von Cairns aus, einer Stadt, in der sich meinem Eindruck nach die Touristen nur so aufstauen, versäumt, sich weiter nach Norden vorzuwagen, dem entgeht eines der atemberaubendsten Gebiete Australiens und wir können euch versichern, dass wir dort waren und auch wieder dorthin zurückkehren! Wie aber ist die Reise in diese Region im Einzelnen verlaufen? Wie ich gerade feststelle, war die letzte Station, von der ich berichtete Rockhampton und das passt gut, stellt diese Stadt doch das Einfallstor in das tropische Australien dar, von dem aus unsere tropische Traumreise startete.
Wer sich noch erinnern kann, dem sagt vielleicht der Name Airlie Beach etwas, eine Kleinststadt, in der wir am Nachmittag des 6. Julis ankamen. Dieser Ort ist – vielleicht die Badelagune ausgenommen – nicht besonders atemberaubend, wobei wir auch gelesen haben, dass in den zahlreichen Backpackerunterkünften große und berühmte Parties ablaufen sollen. Möchte man jedoch die Whitsunday Islands, eine tropische Inselgruppe, nicht versäumen, so verbringt man zwangsweise eine Nacht hier in Airlie Beach, denn am frühen Morgen schon laufen die Schiffsflotten aus, die einige der Inseln umkurven. So wälzten wir uns am Sonntag, den 7. Juli, um 6:30 Uhr aus dem Schlafsack, um um 8:15 Uhr mit einem Katamaran in die aufgewühlte See auszulaufen, denn an diesem Tag herrschte ein frischer, nicht zu kühler Südwind, der die Wellen mit Gischt vor sich hertrieb und das Schnellboot ganz schön schaukeln, bzw. hüpfen lies. Und somit begann der Traumtag, oder war es ein Albtraum?
Das muss jeder nach der Lektüre der tabellarischen Gegenüberstellung des von uns beiden subjektiv andersartig erlebten Tages selbst entscheiden.

ROBERT

EVA

Es scheint eine herrliche Reise zu den Inseln zu werden, denn wie ein Pfeil schießt der Katamaran über 1 Meter hohen Wellen.

Eva genießt ebenso die Hopser über die Wellentäler. Sie lächelt mich an, froh über die frische Meeresbrise.

Morgentee mit Kuchen. Ich verdrücke zwei Stück.

Eva, das süße Schleckermaul, nimmt sich nur ein Stück.

Wir kommen an unserer ersten Station an. Hinfahrt mit einer Fähre zu einer versteckten Landzunge mit Sandstrand. Dort der erste Schnorchelausflug unseres Lebens, unter fachmännischer Anleitung.

Eva lacht mich aus, weil ich mir zur besseren Haftung der Taucherbrille Vaseline in den Bart schmieren muss.

Auf den Wellen schwebend stecken wir unseren Kopf ins aufgewühlte Wasser und bewundern die wunderbare Meereswelt: bunte Fische, farbige Korallen, Fischschwärme.

Eva fühlt sich wie ich immer sicherer mit der Schnorchelausrüstung und verlässt – wie ich – vorzeitig die Schnorchelgruppe. Sie erreicht zuerst den Sandstrand, setzt sich auf den Boden und dann passiert es: Sie muss sich übergeben!

Ich bin zunächst erschrocken: Ist sie vielleicht mit einer giftigen Qualle in Berührung gekommen?

Eva beruhigt mich und die hinzugelaufenen Betreuerin. Ihr war nur schlecht wegen des schaukelnden Wellengangs.

Die Fähre bringt uns zurück zum Katamaran, von dem wir wiederum umsteigen in ein gelbes Beinahe-U-Boot, ein Schiff – YellowSub – dessen Schiffsrumpf größten-teils aus Glas besteht. Man nimmt bequem zwei Meter unter der Wasseroberfläche Platz und bestaunt unter fachkundigen Kommen-taren eines Meeresbiologen die Unterwasser-welt der Korallenriffbewohner.

Als Eva mit mir das YellowSub-Boot besteigt, werden ihre Magennerven durch die beiden zwar vertauten, aber phasenverschiedenen auf- und absteigenden Booten so irritiert, dass sie wieder auf den Katamaran zurückeilt, um sich auf der Toilette erneut zu übergeben. Bleich nimmt sie dann im Bauch des sog. U-Bootes Platz.

Fischfütterung auf dem Deck des YellowSub. Alle eilen nach oben, um ein Stück Brot vom Kapitän zu erhaschen, um das die großen, flachen, schwarz-gelb-gestreiften oder bunt-gescheckten Fische, die zuvor an unseren Fenstern vorüberzogen, sich streiten.

Eva beobachtet als Einzige das Schauspiel von unten. Der starke Wellengang ist dort nicht so stark zu spüren.

Zurück auf dem Katamaran: Lunchtime. Einreichliches Sandwichbüffet mit aufgeschnittenen tropischen Früchten gilt es zu plündern. Ich trete den Kampf ums Essen an.

Eva nimmt stumm neben mir Platz. Die von mir angebotenen Bissen lehnt sie dankbar ab.

Es geht mit Höchstgeschwindigkeit weiter um die Inselgruppe herum. Auf offener See nimmt der Wellengang zu. Ich genieße die vom Boot aufgepeitschten Wassermassen auf dem Oberdeck. Zuvor jedoch packe ich für Eva ein paar Sandwichs ein. Vielleicht für den Abend.

Währenddessen verschlechtert sich Evas Wohlbefinden zusehends. Sie nimmt die von mir gereichten Kotztüten gerade noch rechtzeitig in die Hand, um darin hinein zum dritten Mal zu erbrechen.

Nach einer Stunde bewegter Seefahrt das dritte Highlight des Tages: Whitehaven Beach, einer der schönsten Strände der Welt. (Laut neuester Umfrage auf Platz 6 der Weltrangliste. Weißer Sand, smaragdgrünes Wasser).

Eva unternimmt mit mir zunächst einen Spaziergang, froh darüber wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Dann drehen wir einige Schwimmrunden im 23° warmen Wasser.

Der Katamaran nimmt seine Fahrgäste wieder auf, in dem er ganz nah mit seinem Bug in den flachen Sandstrand fährt.

Während Eva durch das Wasser zur Treppe watet, die in das Schiffsinnere führt, ist ihr anzusehen, dass sie der folgenden Heimatfahrt nicht gerade mit Freuden entgegen sieht.

Wir brausen in den Hafen. Dinnertime: mein Blick wird gefangengenommen von Leber-pastete mit Oliven, Rohkost mit Mintdipp, Käse mit Cracker, tropische Früchte, Kuchen, Kekse, Kaffee, Tee...

Eva konzentriert ihren Blick während der Rückfahrt auf einen festen Punkt auf dem Festland.

Die Schiffbesatzung räumt, während die Fahrgäste an Land gehen, auf. Ich bemerke, dass sie alle übriggebliebenen Lebensmittel in die Mülltonne werfen. Ich stoppe sie, lasse mir Tüten geben und sichere uns somit für zwei weitere Tage kostenloses Essen!

Eva geht sichtlich erleichtert an Land in den nächsten zwei Tagen genießt sie all die Leckereine, die ihr tragischerweise an Bord verwehrt blieben

Das klingt jetzt zwar, als wäre dies ein Horrortrip für Eva gewesen. Sie hat mir aber mehrfach versichert, dass es ihr ausgesprochen gut gefallen hat. Es war ja auch ein professionellst organisierter Ausflug. Stets war man unterhalten durch fachkundige Kommentare, Essen, Cricket am Strand von Whitehaven, Schnorchelsafari. Für die Kinder wurden Spielsachen mit an den Strand genommen; Schürfwunden wurden mit antiseptischer Wundsalbe behandelt. Bei der Rückfahrt wurden die von einer mitgereisten Fotografin auf Digitalkamera aufgenommenen Fotos als Diashow gezeigt, kurzum: Wir waren Wohlauf zufrieden. Nur eines fehlte: Ein Mittel gegen Seekrankheit!

Nun nach diesem ereignisreichen Tag ließen wir es uns nicht nehmen, doch noch ein paar Autokilometer den Seemeilen hinzuzufügen, was dazu führte, dass wir die stolze Anzahl von 400 km noch nach Norden zurücklegten, um in der Gegend von Jugham in den wohlverdienten Schlaf zu sinken. Was für ein Tag!