Mittwoch, 10. Juli um 20 Uhr auf der Rest Area bei Mount Molloy
Hallo, hallo! Wir leben noch! Hier bin ich wieder nach mehreren Tagen Ruhepause und möchte euch, liebe Leser, wie gewohnt von unseren Abenteuern und
Erlebnissen berichten, die uns in den Tropen widerfahren sind und gleichzeitig in den nächsten Berichten ein kurzes Zwischenresümee der 1. Etappe unserer Rundreise ziehen, die morgen mit dem Abgeben unseres Campervans – wir
nennen ihn wegen seiner niedlichen Größe unser “Wombat” – in Cairns beendet sein wird. Aber wie so oft gibt es einen aktuellen Anlass, der mich zum Schreiben treibt, und diesmal sind es unsere Campingnachbarn, mit denen wir
gerade einen kleinen Plausch hatten. Sie stammen aus Perth, der Hauptstadt Western Australias, dem einzigen Staat hier in Down Under, den wir nicht bereisen, und sind quer durchs rote Zentrum hierher in den tropischen
Nordosten mit ihrem Wohnwagen gefahren, mit dem sie nun zusammen mit über 40 anderen Fahrzeugen – unseres inklusive – auf diesem im Umkreis der dem freien Campen feindlich gesinnten Stadt Cairns einzigen kostenlosen
Campingplatz bevölkern. Das wäre noch nicht das Interessante der beiden älteren Australier. Ihre Herkunft vielmehr ist wert zu berichten: Der Mann ist geborener Engländer. Sein Vater war während des 2. Weltkrieges bei der Royal
Airforce in Singapore stationiert. Nach der Eroberung dieses britischen Seestückpunktes durch Japan, wurde die Familie evakuiert und somit kam er als kleiner Junge nach Australien, wo er bis heute lebt. Die Familie seiner Frau
hingegen lebt schon seit vier Generationen in Australien. Im 19. Jahrhundert kam ihr Ururgroßvater nach Australien, als Gefangener! Aha, endlich ein Australier, der die Herkunft seiner Familie zugibt! dachte ich mir, denn
irgendwo auf dieser riesigen ehemaligen Gefängnisinsel müssen sich ja die Nachkommen der ersten Besiedler aufhalten. Unsere Nachbarin schiebt aber gleich nach ihrem Geständnis hinterher, warum ihr Ahne nach Übersee verbannt
wurde: Er hatte in einer Bibliothek in Cambridge / England zwei Bücher gestohlen. Irgendwie ist ein wenig Stolz aus ihrer Stimme heraus zu hören. Ist doch besser Bücher als Brot zu stehlen, oder? Wie dem auch sei, bevor ich
mich dem ersten Resümee unsere Campervanreise zuwende, möchte ich noch kurz die Hintergründe der ersten Besiedelung Australiens nachliefern: 18. Jahrhundert. Großbritannien entwickelt sich stetig zur mächtigen See- und
Kolonialmacht. Ein wichtiges Standbein im kolonialen Gefüge stellt Nordamerika dar. In den 1770er Jahre verliert das stolze Königreich plötzlich diese bisher oft von Gefangenentransporten angesteuerte Kolonie. Wohin nun mit den
Sträflingen, die die Gefängnisse der britischen Inseln maßlos überbevölkern? Man erinnert sich der von Captain Cook im Jahre 1770 vermessenen Ostküste Australiens und 8 Jahre später landet die erste Sträflingsflotte in der
Bucht von Sydney. Alles weitere sollte den fleißigen Lesern bekannt sein. So, nun aber von der uns stets verfolgenden Geschichte zum 1. Zwischenbericht. Diesen möchte in unter das Thema “Der Staat Australien sorgt für seine
Bürger” stellen. Das klingt jetzt vielleicht komisch, aber wir möchten euch gerne über den Service berichten, den die Regierung den Bürgern hier bietet und dessen Nutznießer wir auch, v.a. als Autofahrer, in den letzten Wochen
waren! Zunächst einmal stießen wir bereits in Melbourne an jeder Ecke an kostenlose Trinkwasserstationen, die auch in weiteren Städten und Orten vorzufinden sind. Es ist schon sehr angenehm, nicht ständig ein paar Liter
Trinkwasser im Rucksack mitrumschleppen zu müssen. Auch der bereits beschriebene kostenlose Barbecuegrill-Servie ist weit verbreitet hier an der Ostküste und hat uns an manchen Abenden das Kochen ungemein erleichtert. Das
Einkaufen bereitet wie das Parken in Städten ebenso wenig Probleme, denn die Geschäfte haben teilweise – die großen Supermarktketten – an 7 Tagen 24 Stunden geöffnet und das Parken ist meistens unbegrenzt und kostenlos
(Millionenstädte ausgenommen!). Die Preise für den öffentlichen Nahverkehr sind gering gehalten, Staatsgalerien und –museen locken oft mit freiem Eintritt und auf jeder Toilette findet man ausnahmslos Toilettenpapier im
Überfluss. Aber die Staatsfürsorge geht noch weiter, in richtigem Maß wie wir finden. Es existieren keinerlei Werbungen für Tabak- oder Alkoholprodukte, sei es im Radio, im Fernsehen, in Magazinen oder auf Plakatwänden. Es
sind keine Zigarettenautomaten auffindbar. Tabakwaren und Alkohol sind nicht im Supermarkt käuflich erwerbbar, dafür muss man in Tabakläden oder sog. Bottleshops gehen. Jugendliche Raucher sieht man kaum – Bier oder Wein sind
wegen der Steuer von über 50% sehr teuer. Alkoholverbotszonen existieren in Städten. Auch auf der Straße sieht der Staat nach seinen Bürgern: Höchstgeschwindigkeit auf den Highways: 110 km/h, meistens 100 km/h. Zahlreiche
Überholspuren auf einspurigen Fahrbahnen. Massive Werbung (Radio, TV, Plakate) gegen Übermüdung am Steuer. Zahlreiche kostenlose Rest Areas, zum Übernachten geeignet, z.T. mit kostenlosem Kaffeeautomat oder Dusche. Saftige
Verkehrsstrafen für Raser, Nicht-Gurt-Träger (finde auch ich mittlerweile in Ordnung!) und Alkoholsünder. Gründliche Verkehrskontrollen mit freundlichen Verkehrspolizisten. Hinweistafeln am Straßenrand, die die Telefonnummern
des nächsten Tierarztes angeben, der bei angefahrenen Tieren aufzusuchen ist. Das klingt jetzt zwar, als wäre man in einem Polizeistaat, aber dass dem mitnichten so ist liegt an der unglaublich relaxten Atmosphäre, die
diesen Kontinent durchweht: Halt dich bitte an die Regeln Und solltest du sie übertreten, dann wirst du freundlich darauf hingewiesen, zahlst die Strafe und bleibst dennoch willkommener Bürger. Ich könnte noch vieles mehr zu
dem Thema berichten, so z.B. von den Feuerwarntafeln, die die Feuergefährdung des Tages anzeigen, oder von den Touristenradiosendern auf der Frequenz 880 FM, die jeweils in den verschiedenen Regionen Tipps für die Touristen
ausstrahlen, oder von dem Service für Liebhaber guter Musik: Wo sonst in Deutschland spielt ein Radiosender vom Anfang bis zum Ende die “Bohemian Rhapsody” von Queen oder “Stairway to Heaven” von Led Zeppelin. Aber genug davon,
denn Eva schläft schon an meiner Seite im Campervan ein und es wird Zeit, zum letzten Mal hier im Innenraum unserer Wohnung das Licht zu löschen und das Nachtlager vorzubereiten. Morgen dann geht’s los. Ich werde euch vom
tropischen Traum berichten, der uns in den letzten Tagen widerfahren ist, wobei ich euch verraten darf, dass speziell für Eva auch ein Albtraum dabei war. Aber dazu mehr demnächst! Dranbleiben!
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